Spielbeurteilung

Battlefield V

26.02.2019
Mit atmosphärisch inszenierten Geschichten versucht sich Battlefield V dem schwierigen Thema Krieg im Spiel zu nähern. Ein Ansatz, der durchaus gelingt – wäre da nicht der spielbestimmende Multiplayer-Modus.
Das Pfeifen des eisigen Windes wird nur von der zittrigen Atmung der 18-jährigen Widerstandskämpferin Solveig unterbrochen. Mit schweren Schritten schleppt sich die Spielfigur über einen zugefrorenen See irgendwo in Norwegen. Immer wieder wird ihr vor Kälte schwarz vor Augen, während sie – und mit ihr der Spieler oder die Spielerin – verzweifelt den Horizont nach einer schützenden Hütte oder einem wärmenden Feuer absucht. Ein Moment, der eindrücklich die atmosphärische Inszenierung des neuesten Teils der Battlefield-Reihe erahnen lässt.

Die Zwischensequenzen inszenieren aufwendig die Auswirkungen des Krieges auf die Figuren.


Durch die geschickte Verbindung von detaillierter Grafik und realistischem Rundum-Sound wirkt die Spielwelt lebendig wie nie und lässt Spielerinnen und Spieler im Einzelspielermodus tief in die Geschichte von insgesamt vier Figuren eintauchen, die durch verschiedene historische Hintergründe des Zweiten Weltkriegs gesteuert werden. Ein Erlebnis, das zahlreiche Facetten und Einzelschicksale des blutigen Konflikts meist sehr einfühlsam und mit Blick auf den geschichtlichen Hintergrund betrachtet.

Die Karten verändern sich durch das Kriegsgeschehen regelmäßig, wenn etwa ganze Gebäude unter Beschuss zusammenbrechen.


Einzelspieler: Vier Geschichten – vier Schicksale


Jede der vier Kriegsgeschichten greift andere Themen auf und baut um die Charaktere eine spannende Handlung, die insbesondere im Kontext des Krieges immer wieder moralische Fragen aufwirft und persönliche Schicksale erzählt. So muss die junge Norwegerin entscheiden, ob es der Kampf gegen die deutschen Besatzer wert ist, nicht nur ihr eigenes, sondern auch das Leben ihrer Mutter zu riskieren. Eine andere Geschichte erzählt von Rassismus und Vorurteilen, denen ein Soldat aus den französischen Kolonien in Afrika begegnet, wenn er für ein Land kämpfen soll, das er nie zuvor gesehen hat. Mit viel zynischem Humor begegnet in einer weiteren Episode ein britischer Bankräuber den Schrecken des Krieges, als er vor die Wahl gestellt wird, zu kämpfen oder ins Gefängnis zu gehen. Die letzte Episode greift schließlich die Sicht einer deutschen Panzerbesatzung auf, die während der Verteidigung des Ruhrgebietes an der Sinnhaftigkeit ihres andauernden Kampfes zweifelt.

In "Kampf um Anerkennung" erzählt ein senegalesischer Soldat, wie er einst sein Leben auf Seiten Frankreichs riskierte.


Spielerisch lassen sich die Kriegsgeschichten auf frei erkundbaren und lebendig gestalteten Karten mit ganz unterschiedlichen Ansätzen bewältigen. So bleibt es oft dem Spieler oder der Spielerin überlassen zu entscheiden, ob man eine Patrouille lieber umgeht oder sich dem Kampf stellt. Andauernde Munitionsknappheit und in der Regel taktisch geschickt agierende Computergegner sorgen bei ballernden Rambos in den meisten Fällen jedoch für schnelles Scheitern. Stattdessen ist überlegtes Vorgehen gefragt – insbesondere, da die Spielfiguren sich erst nach einer Weile selbstständig heilen. Da die Kriegsgeschichten mit ihrer dichten Atmosphäre zu den Highlights von Battlefield V gehören, ist es schade, dass eine Episode in nur zwei bis drei Stunden durchgespielt werden kann.

Zwar werden keine Verstümmelungen oder detaillierte Wunden gezeigt, dennoch sind Gewalt und Tod allgegenwärtig.


Multiplayer: Teamplay wird belohnt


Trotz der gut erzählten Geschichten bleibt wie bei den Vorgängern auch der Multiplayer-Modus das Herzstück des Spiels. Hier bietet das Spiel mit acht verschiedenen Karten und zahlreichen Spielmodi stundenlange Online-Beschäftigung – zumal weitere kostenlose Inhalte noch nachgeliefert werden sollen. Neben Klassikern wie dem Erobern von Kartenpunkten und dem aus Battlefield 1 bekannten „Frontlinien“-Modus, bei dem das gegnerische Team langsam zurückgedrängt werden muss, bietet Battlefield V mit den sogenannten „Großen Operationen“ ein besonderes Mehrspieler-Erlebnis. Der Modus orientiert sich an Operationen des Zweiten Weltkriegs und spielt diese mit mehreren aufeinanderfolgenden Schlachten durch. Wer einer Schlacht gewinnt, hat in den folgenden einen Vorteil.

Statt sofort zu sterben, bleibt die Spielfigur blutend liegen und kann kurzzeitig von Verbündeten wiederbelebt werden.

Belohnt wird in den Multiplayer-Gefechten nicht nur, wer am schnellsten Gegner ausschalten kann, sondern auch, wer sich für sein Team einsetzt. So bekommen Sanitäter Bonuspunkte, die ihre Freunde zusammenflicken und Versorgungssoldaten werden für das Liefern von Nachschub belohnt – was dringend nötig ist, da die Runden mit sehr wenig Munition gestartet werden. Für die Bonuspunkte kann sich das Team zusätzliche Attacken wie einen mächtigen Raketenangriff kaufen. Auch ist es nun möglich, ähnlich wie im Multiplayer-Hit „Fortnite“ Befestigungen zu errichten und mit seinem Team zu verteidigen. Wie in Battlefield üblich, gehört natürlich auch das gemeinsame Steuern zahlreicher Fahrzeuge und Flugzeuge wieder zum Spiel. Auch im Mehrspieler-Modus sieht all das grafisch eindrucksvoll aus und Rauch, donnernde Motoren oder zusammenstürzende Gebäude sorgen für ein intensives Spielerlebnis.

Für kleine Erfolge wie das Verteidigen von Positionen oder Töten von Gegnern erhält man im Multiplayer-Modus Punkte, für die man Waffen und Fahrzeuge verbessern kann.

Dominik Rehermann
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Pädagogische Beurteilung:

Mit dem Zweiten Weltkrieg als Hintergrund betreten Entwickler ein schwieriges Gebiet. Wenn einer der grausamsten Konflikte der Menschheit zur Kulisse für Unterhaltung wird, ist es zwingend geboten, dass die Entwickler auch den historischen Kontext ihrer Spielwelt kritisch würdigen. Die Macher von Battlefield V haben sich dieser Herausforderung gestellt, indem sie mit vier Geschichten unterschiedliche Schicksale von Menschen im Krieg erzählen. Ein Ansatz, der insgesamt gut gelingt. Die Charaktere des Einzelspielermodus sind glaubwürdig und bieten einen glaubhaften Eindruck von den Erfahrungen des Krieges. Die Spielfiguren sind keine übermenschlichen Krieger. Es sind Menschen, die frieren, Angst haben und ihr eigenes Handeln immer wieder hinterfragen. Auch die Gegner sind in den Erzählungen nicht einfach die Bösen. Es sind ebenfalls Menschen, denen man unter anderem bei Gesprächen über ihre Familie zuhören kann – und die man nicht töten muss, um das Ziel des Spiels zu erreichen.

Gerade die überzeugende Darstellung der Figuren in den Einzelspielergeschichten, die den Krieg und ihre Rolle darin regelmäßig hinterfragen, bietet für Spielerinnen und Spieler mit der entsprechenden Reife eine gute Gelegenheit, die Geschehnisse des Spiels in Verbindung mit dem historischen Kontext ausreichend zu reflektieren. Dabei ist allerdings stets klar, dass Battlefield V weder Lernprogramm, noch Simulation ist. Es bleibt ein Action-Shooter mit klarem Fokus auf Unterhaltung, der allerdings im Einzelspielermodus einen überwiegend sensiblen Zugang zum Thema Krieg findet. Dies wird auch dann deutlich, wenn die Spielfigur stirbt und ihr Geburts- und Todesdatum unter ihrem Namen eingeblendet werden. Nicht selten ist man als Spielerin oder Spieler hier kurz sprachlos, wenn man erfährt, wie jung die Figur eigentlich ist.

Ganz anders verhält es sich im Mehrspielermodus. Trotz des positiven Ansatzes das Teamspiel zu fördern, wird hier die Jagd auf den anonymen Gegner zum reinen Mittel, um mehr Punkte zu bekommen und so bessere Ausrüstung freizuschalten. Das Ableben der eigenen gesichtslosen Spielfigur spielt keine Rolle, da diese ja nach wenigen Sekunden wieder völlig unbeschadet am Ausgangspunkt startet. Reflexion und historischen Kontext sucht man in den Punkteschlachten vergeblich. Gerade durch das Punktesystem wird das Spiel schnell zum Zeitfresser und kann aufgrund der Spielgeschwindigkeit schnell überfordern und frustrieren. Immerhin haben die Entwickler auf den Erwerb von Spielvorteilen durch Echtgeld verzichtet, wollen diese Option für Verschönerungen der Spielfiguren aber noch nachreichen. Zudem verzichten die Entwickler auf die übermäßige Darstellung von Gewalt. Trotz dieser Ansätze und des guten Einzelspielermodus eignet sich das Spiel aus medienpädagogischer Sicht, entgegen der USK-Freigabe ab 16 Jahren, nur für Erwachsene ab 18 Jahren, die eine kritische Distanz zur Punktejagd auf den Online-Servern gewinnen können.

Fazit:

Battlefield V bietet mit seinem Einzelspielermodus einen durchaus sensiblen Zugang zum Thema Krieg, der auch einen kritischen Umgang mit dem Thema ermöglicht. Durch das realitätsnahe Setting der Multiplayergefechte, die reine Punktejagden sind, ist hier allerdings eine Reflexionsfähigkeit gefordert, die in der Regel erst Erwachsene haben.
Dominik Rehermann
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Bildnachweise

[1]Battlefield V / Electronic Arts / Pressematerial[2]Battlefield V / Electronic Arts / Pressematerial[3]Battlefield V / Electronic Arts / Pressematerial[4]Battlefield V / Electronic Arts / Screenshot aus offiziellem Einzelspieler-Trailer https://www.youtube.com/watch?v=PUPimAwTo3E[5]Battlefield V / Electronic Arts / Screenshot by spielbar.de[6]Battlefield V / Electronic Arts / Screenshot by spielbar.de[7]Battlefield V / Electronic Arts / Screenshot by spielbar.de[8]Wargaming.net[9]Star Wars: Battlefront

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