Spielbeurteilung

Call of Duty: Vanguard

19.01.2022
Mit viel Action und einer filmreifen Inszenierung werden die Spielenden in den Zweiten Weltkrieg versetzt. Zur Geschichtsvermittlung taugt das Spiel aber trotz des historischen Hintergrundes nicht.
Die Marke "Call of Duty" steht seit Jahren für in Spielform gegossene Hollywood-Action. "Vanguard" bleibt dieser Formel treu und bietet in der Kampagne erneut das Gefühl, mitten in einem effektvoll inszenierten Kino-Blockbuster zu stecken. Im Sekundentakt explodiert irgendwo etwas, Maschinengewehre rattern und die Hauptfigur rennt durch Massen von Gegnern hindurch, von denen einer nach dem anderen mit einer der zahlreichen Waffen getötet werden muss. Es geht zumeist darum, auf den schlauchförmigen Karten von einem Punkt zum nächsten zu gelangen. Dabei kommt es darauf an, die Vielzahl von Gegnern schnellstmöglich auszuschalten und damit unschädlich zu machen. Ausnahmen bilden einige Schleich-Level, in denen man Gegnern ausweichen oder diese leise von hinten töten muss. Auch ein paar Missionen als Scharfschützin oder als Pilot gehören zur rund sechsstündigen Kampagne, wobei auch hier der Fokus weiterhin auf Action und Kinofeeling liegt.

In klassischer First-Person-Shooter-Ansicht stürzen sich die Spielenden in Gefechte an unterschiedlichen Schauplätzen des Zweiten Weltkrieges.
Die Story dreht sich dabei um eine alliierte Sondereinheit, die am Ende des Zweiten Weltkriegs ein Geheimprojekt der Nazis stoppen soll. In einer Hamburger U-Boot-Basis gerät die Truppe allerdings in Gefangenschaft und wird einem unerbittlichen Verhör der SS ausgeliefert. In Rückblenden werden dabei die Hintergrundgeschichten der Hauptfiguren erzählt. So landen die Spielenden als Anführer Arthur in der Normandie, bekämpfen als Pilot Wade die japanische Flotte bei Midway, schleichen als russische Scharfschützin Polina durch das zerstörte Stalingrad und stoppen als Sprengmeister Lucas Rommels Vormarsch in Nordafrika. Im Finale wird die Handlung dann erneut ins Berlin des Jahres 1945 verlegt, wo es zum Showdown mit dem Anführer der SS-Einheit kommt, welche die Hauptfiguren gefangen genommen hat. Neben den verschiedenen Kriegsschauplätzen unterscheiden sich die jeweiligen Spielfiguren darin, dass jede über eine Spezialfähigkeit verfügt. So kann Polina zum Beispiel Wände blitzschnell erklimmen, während Arthur Verbündeten Befehle erteilen kann.

In manchen Missionen kommt es auf Heimlichkeit und den geschickten Einsatz verschiedener Spezialfähigkeiten an.
Neben der Kampagne verfügt das Spiel über einen klassischen Multiplayer und einen "Zombie-Modus". Im Mehrspieler-Modus treten die Spielenden auf verschiedenen Karten und in unterschiedlichen Spielvarianten gegeneinander an. In den schnellen Gefechten geht es darum, möglichst viele andere auszuschalten oder bestimmte Punkte auf der Karte zu erobern. Für den Mehrspieler-Modus können mit Echtgeld zusätzliche Inhalte wie optische Veränderungen oder neue Waffenskins erworben werden. Echtgeldkäufe werden den Spielenden dabei deutlich als solche angezeigt. Der "Zombie-Modus" spinnt eine weitere Geschichte um okkulte Machenschaften der Nazis, die letztendlich dazu führen, dass diese Tote zum Leben erwecken und für ihre Zwecke einbinden können. Die Spielenden müssen gemeinsam gegen die Zombie-Horden bestehen, wobei es in den meisten Fällen darum geht, eine bestimmte Anzahl an Untoten zu töten oder eine bestimmte Zeit standzuhalten.
Action und eine mitreißende Inszenierung stehen vor historischer Genauigkeit.

Dominik Rehermann
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Pädagogische Beurteilung:

Dass "Call of Duty – Vanguard" ausschließlich für Erwachsene ab 18 Jahren geeignet ist, steht außer Frage. Die Darstellung des Zweiten Weltkrieges ist brutal realistisch: Menschen verbrennen schreiend und Blut fließt aus den Wunden von Verletzten. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Gewalt findet dabei nicht statt – im Gegenteil, durch hämische Sprüche der Hauptfiguren wird diese immer wieder relativiert. Dies mag möglicherweise ein realistisch dargestellter Umgang von Soldatinnen und Soldaten mit den Schrecken des Krieges sein, doch er ist keinesfalls für Kinder und Jugendliche geeignet, die diesen Hintergrund nicht einordnen können.

Generell ist der Umgang des Spiels mit dem Zweiten Weltkrieg befremdlich. Es entsteht der Eindruck, dass die Spieleentwicklerinnen und Spieleentwickler bewusst Themen wie Moral in Zeiten des Krieges oder den Holocaust vermieden haben. Was bleibt, ist eine actiongeladene Ballerei, die den historischen Hintergrund eigentlich nicht benötigt, da sich das Spiel kaum mit diesem auseinandersetzt. Das Spiel bleibt so unterhaltsames Popcorn-Kino statt historisches Lehrstück. Dabei hätte "Call of Duty – Vanguard" durchaus die Chance gehabt, eine Botschaft zu senden, da die Zusammensetzung der gespielten Spezialeinheit insgesamt relativ divers ist. Mit Arthur, einer Person of Color als Anführer der Gruppe, und Polina, einer weiblichen Soldatin, die von allen Mitgliedern der Gruppe voll akzeptiert wird, hätte es die Chance gegeben, ein Statement gegen Rassismus und Sexismus zu setzen. Auch wenn der Gedanke gut ist, die Gruppenzusammensetzung als Normalität darzustellen, verblasst die Botschaft vor einem ausgedünnten historischen Hintergrund, der die realen Probleme kaum thematisiert oder sogar reproduziert, indem z.B. das N-Wort mehrfach – nicht nur von den Nazis - benutzt wird.

Trotz des entschärften historischen Hintergrundes zeigt "Call of Duty – Vanguard" im Rahmen der Kampagne nationalsozialistische Symbole wie das Hakenkreuz. Im Mehrspieler- und Zombie-Modus sind derartige Symbole hingegen nicht zu sehen. Obwohl das Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole in Deutschland strafbar ist, ermöglicht das Gesetz im Rahmen der sogenannten Sozialadäquanzklausel, dass diese im Rahmen von Wissenschaft, Lehre oder Kunst gezeigt werden können. Ebenfalls ist die Verwendung nationalsozialistischer Symbole erlaubt, wenn eine Ablehnung der NS-Ideologie in diesem Zusammenhang erkennbar gemacht wird. Letzteres dürfte für "Call of Duty – Vanguard" in jedem Fall zutreffen, da die Nazis im Spiel definitiv als böse und bekämpfenswert dargestellt werden. Die SS-Figuren sind zudem ausschließlich mit negativen Charakterzügen wie Gier, Gewalttätigkeit oder Hinterhältigkeit versehen. Das Spiel läuft daher nicht Gefahr, von rechtsradikalen oder -extremen Gruppen für sich vereinnahmt zu werden.

Fazit:

"Call of Duty – Vanguard" fühlt sich wie ein spielgewordener Actionfilm an. Mit seiner gelungenen Inszenierung kann das Spiel für Erwachsene durchaus Unterhaltung bieten. Als Lehrmedium über den Zweiten Weltkrieg und für die Hände von Kindern und Jugendlichen ist das Spiel aber definitiv nicht geeignet.
Dominik Rehermann
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Bildnachweise

[1]Call of Duty: Vanguard / Activision / Screenshot by spielbar.de[2]Call of Duty: Vanguard / Activision / Screenshot by spielbar.de[3]Call of Duty: Vanguard / Activision / Screenshot by spielbar.de[4]Call of Duty: Vanguard / Activision / Screenshot by spielbar.de[5]Battlefield V / Electronic Arts / origin.com[6]My Child: Lebensborn / Teknopilot / Pressematerial[7]Warsaw / Gaming Company / Screenshot by spielbar.de