Spielbeurteilung

The Inner World 2 – Der letzte Windmönch

07.09.2021
Im diesem Adventure muss eine unterdrückerische Terrorherrschaft gestürzt werden, die in Symbolik und Sprachgebrauch an die Zeit des Nationalsozialismus erinnert.
„Der letzte Windmönch“ ist die Fortsetzung des Adventurespiels „The Inner World“ von 2013. In dem Spiel steuern wir die Widerständler Robert und Laura, die sich gegen die Diktatur der Asposer unter der Leitung von Emil auflehnen. Dieser beschuldigt alle Menschen in Asposien, die mit ihren Nasen Musik machen können (im Spiel als Flötennasen oder Instrumentennasen bezeichnet), eine Gefahr für die asposische Welt zu sein. In Schauprozessen verurteilt Emil viele Instrumentennasen zum Tode. Eine Situation, die unsere Helden Robert und Laura unbedingt verhindern wollen.

In Standgerichten und Schauprozessen vollzieht Emil seine Diktatur über Asposien und seine Unterdrückung der Instrumentennasen. Die Wortwahl und Symbolik erinnern stark an die Zeit des Dritten Reichs.

Unsere Helden Robert, Laura und die Taube Hack führen uns durch das Spiel. Dabei finden wir heraus, dass Robert nach der offiziellen Erbfolge der eigentliche König Asposiens ist. Um Robert als gerechten König einzusetzen und die Unterdrückung der Flötennasen zu beenden, müssen die Helden eine Reihe von Aufgaben überstehen. Im Verlaufe des Spiels erfahren wir von einer mysteriösen Frau, die Mama Dola genannt wird, dass die Flötennasen seit jeher mit ihren Windliedern dafür sorgen, dass in Asposien genug Luft zum Atmen vorhanden ist. Somit haben Robert und Laura nicht nur die Rettung der Flötennasen, sondern die Rettung aller Asposer zum Ziel.
Zum Ende des Spiels decken die Helden auf, dass Diktator Emil ebenfalls eine Flötennase ist, der sich für seine Abstammung schämt und deshalb alle Flötennasen vernichten will. In der Endsequenz stellt sich Robert als neuer „König“ zur Wahl und fordert unterschwellig eine Abkehr von totalitären Strukturen hin zu einer Demokratie.

Spielmechanik


In „Der letzte Windmönch“ müssen wir uns durch 6 Kapitel arbeiten und hier zahlreiche Aufgaben erledigen, um in der Story weiterzukommen. Dabei nehmen wir zahlreiche Gegenstände in unser Inventar auf, kombinieren diese miteinander oder mit Dingen, die wir in der Welt entdecken. Außerdem führen wir viele Gespräche mit den Figuren, die uns in Asposien begegnen. So bekommen wir Hinweise, worin unsere nächste Aufgabe besteht. Beispielsweise benötigen wir von einer Spielfigur einen Vogelkäfig. Diese gibt den Käfig aber erst heraus, nachdem wir bei ihr per Zitronen-, Holz- und Karamellgeruch so starke Heimatgefühle geweckt haben, dass sie den Schauplatz verlässt, um sich auf den Heimweg zu machen.

Auf unserem Weg durch Asposien führen wir Gespräche mit vielen unterschiedlichen Figuren, lösen deren Probleme oder beschenken sie, um in der Geschichte weiterzukommen.

Die sehr kniffligen Rätsel werden durch ein Hilfesystem entschärft. Hier werden uns textbasiert genaue Anweisungen gegeben, wie wir das nächste Ziel erreichen können. Ohne das Hilfesystem ist der Schwierigkeitsgrad von „Der letzte Windmönch“ sehr hoch, da die Lösungen abstrakt sind und es zahlreiche Gegenstände in den Kapiteln gibt, mit denen man interagieren kann.

Spielatmosphäre


Von Beginn an ziehen sich die Themen „Dikatur“ und „Ausgrenzung“ durch das Spiel. Man bekommt gleich in der Eingangssequenz mit, wie Emil bei einem Schauprozess gegen die Instrumentennasen vorgeht. Die Farben Schwarz, Weiß und Rot kennzeichnen die Symbolik von Emils Regime und weisen damit deutliche Parallelen zur NS-Zeit auf. Diese werden mit vorkommenden Phrasen wie „Heil Emil“ noch verstärkt.

Abseits davon ist „Der letzte Windmönch“ aber sehr kindgerecht dargestellt. Roberts naive Art sorgt für viele lustige Momente und nimmt dem Thema ein Stück weit die Ernsthaftigkeit. Auch die anderen Charaktere sorgen mit ihren Eigenheiten für eine kindgerechte Spielatmosphäre. Der Ersatz des Hakenkreuzes auf den Bannern von Emils Regime durch Brezeln zeigt an, dass die Spieleentwickler die schwierigen Themen möglichst jugend- und kindgerecht und zum Teil satirisch aufarbeiten wollen.

In den Zwischensequenzen wird häufig gezeigt, wie Spielfiguren durch Emil unter Druck gesetzt und genötigt werden, Freunde zu verraten. Die sonst frohe und farbige Spielatmosphäre hat hier einen gefährlichen Charakterzug.

Spielzeit und Schwierigkeit


Ein Durchlauf von „Der letzte Windmönch“ dauert etwa 6-8 Stunden. Allerdings kann dies auch variieren, je nachdem, wie intensiv man sich mit den Rätseln oder Gesprächen auseinandersetzt, wie oft man das Hilfesystem nutzt und wie oft man Dialoge oder Videosequenzen anschaut oder überspringt.

Die Schwierigkeit der Rätsel ist sehr hoch, viele Rätsel erfordern eine abstrakte Denkweise. Das Hilfesystem kann jedoch durchgängig Hinweise geben, welche Gegenstände wo gefunden und womit kombiniert werden können.
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Pädagogische Beurteilung:

„Der letzte Windmönch“ bietet eine jugendgerechte Auseinandersetzung mit den Themen „Nationalsozialismus“, „Ausgrenzung“ und „Unterdrückung“. Auch im Unterricht kann „Der letzte Windmönch“ eingesetzt werden, beispielsweise, um in höheren Klassen (9-12) Vergleiche anzustellen zwischen der Symbolik des Nationalsozialismus und der Symbolik aus dem Spiel. Das Thema „Auseinandersetzung mit dem Faschismus in Computerspielen“ wäre auch ein Thema für Facharbeiten oder Unterrichtsprojekte. Hier bietet „Der letzte Windmönch“ ein Beispiel, um schwierige Themen auf eine kindgerechte Ebene zu transportieren.

„Vergleiche dieses Bild und dessen Symbolik mit deinen Kenntnissen über den Nationalsozialismus.“ – So oder so ähnlich könnten Unterrichtsaufgaben lauten, die das Computerspiel „Der letzte Windmönch“ in den Unterricht einbeziehen.

Altersempfehlung


Nach der USK-Freigabe kann „Der letzte Windmönch“ von Kindern ab dem vollendeten 6. Lebensjahr gespielt werden. Aufgrund der abstrakten Rätsel und des textbasierten Hilfesystems können diese Kinder das Spiel allerdings ohne elterliche Hilfe nicht nutzen. Auch die Thematik wird für Kinder mit gerade vollendetem 6. Lebensjahr nicht zu erfassen sein. Daher schlagen wir ein Mindestalter von 10 Jahren für die Nutzung des Spiels vor. Der historische Kontext der Spielhandlung dürfte jedoch erst dann verstanden werden, wenn im Geschichtsunterricht die Grundzüge der NS-Zeit vermittelt wurden, was oft erst in der 9. Klasse der Fall ist.

Zwar ist die optische Gestaltung durchaus kindgerecht, allerdings benötigen Kinder bereits fortgeschrittene Lese- und Sachkompetenzen. Und auch dann sollte ein solches Spiel bis zum Jugendalter nicht ohne die Begleitung der Eltern gespielt werden, da es im Spielverlauf zahlreiche Fragen aufwirft, beispielsweise, warum es genau die Flötennasen sind, die in „Der letzte Windmönch“ unter Emils Regime zu leiden haben.

Fazit:

„Der letzte Windmönch“ bietet eine vereinfachte Metapher für die Zeit des Nationalsozialismus. In Dialogen finden sich Hinweise auf Verfolgungsängste und Fluchtgedanken der Instrumentennasen in Asposien wieder. Das Spiel bietet eine gelungene Brücke zwischen metaphorischer Geschichtsaufarbeitung in einem jugendgerechten Kontext und einem erzählerischen Spielgefühl mit zahlreichen Dialogen, was sogar den äußerst komplizierten Adventure-Charakter etwas in den Hintergrund rücken lässt.
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Bildnachweise

[1]The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin / Screenshot by spielbar.de[2]The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin / Screenshot by spielbar.de[3]The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin / Screenshot by spielbar.de[4]The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin / Screenshot by spielbar.de[5]The Inner World 2 – Der letzte Windmönch / Studio Fizbin / Screenshot by spielbar.de[6]Through the Darkest of Times / HandyGames / Screenshot by spielbar.de[7]Daedalic Entertainment[8]Trüberbrooks / Headup Games / trueberbrook.com

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