Spielbeurteilung
Animal Crossing: New Horizons
07.12.2020
In diesem Konsolenspiel begeben wir uns auf eine unbewohnte Insel, erkunden und bebauen sie. Wir erforschen Flora und Fauna, tauschen uns mit den Bewohner*innen aus und besuchen die Inseln von Freundinnen und Freunden.- Genre:
- Herausgeber:Nintendo
- Plattform:
- Erscheinungsdatum:März 2020
- USK:ohne Altersbeschränkung
- spielbar:
Die Spielfigur kann bei Tom Nook einen Kredit aufnehmen, um dem eigenen Haus neue Räume hinzuzufügen. Die nun schuldigen Sternis, so nennt sich die Währung des Spiels, erhält sie durch den Verkauf von selbst gebauten Gegenständen und Möbelstücken, gefangenen Fischen und Pflanzen. Fast alles kann auf der Insel zu Sternis gemacht werden. Diese braucht man nicht nur, um besagten Kredit abzuzahlen und direkt den nächsten aufzunehmen. Toms Neffen sind ebenso geschäftstüchtig wie ihr Onkel und eröffnen kurz nach Ankunft auf der Insel einen eigenen Laden wo es Möbel, Werkzeuge und Saatgut zu kaufen gibt. Alles, damit die Insel noch schöner wird.
Alle Nachbarn sind vermenschlichte Wesen mit diversen Eigenschaften und Vorlieben. Carlson sammelt zum Beispiel Insekten.
Das vom Spiel vermittelte Ziel ist das Bekanntmachen der Insel als Urlaubs- und Wohnparadies. Das Ziel einer populären Insel gilt als erreicht, wenn der fiktive Popstar K. K. Slider ein Konzert dort spielt. Im Anschluss sind Credits zu sehen. Danach ist das Spiel jedoch nicht beendet. Stattdessen werden nun Terraforming-Werkzeuge freigeschaltet, die weitere Baumaßnahmen auf der Insel ermöglichen, wie das Umleiten von Flüssen oder den Abbau von Hügeln. Ab hier gibt es kein explizit genanntes Spielziel mehr.
So viele Möglichkeiten, unendlich viel Zeit
Die Mechanik von ACNH besteht im Grunde darin, zu bauen und diversen Freizeitaktivitäten nachzugehen. Viele Tätigkeiten werden schrittweise freigeschaltet. Dadurch werden gerade unerfahrene Spielende graduell herangeführt und nicht mit einer Vielzahl an Mechaniken überfordert. Zu Beginn wird beispielsweise viel Unkraut gesammelt, primitive Werkzeuge müssen gekauft oder selbst hergestellt werden. Mit diesen lassen sich Rohstoffe wie Holz oder Erz sammeln, die wiederum für den Bau komplexerer Konstruktionen benötigt werden.
Allerdings müssen Spielende weder ihr eigenes Haus ausbauen noch dafür sorgen, dass neue Häuser gebaut werden, in die weitere Nachbarn ziehen. Auch Unkraut jäten oder Bäume pflanzen sind rein optionale Aufgaben. Neben all dem bietet ACNH zudem eine Reihe an weiteren Aktivitäten: angeln, Insekten fangen und Fossilien ausgraben. Je nach Jahres- und Uhrzeit gibt es unterschiedliche Arten, die dem Museum gespendet werden können. Dort werden die Fundstücke der Spielenden ausgestellt und können jederzeit besichtigt werden.
Eugen, der Direktor des Museums, hat für jeden Fund einen Fakt auf Lager.
Quests und andere klar definierte Zwischenziele gibt es hier kaum. Man kann sich stattdessen eigene Ziele setzen, wie eine besonders bunte Blumenwiese oder besonders exakt platzierte Häuser. Darüber hinaus lassen sich durch das Erfüllen kleiner Aufgaben, wie dem Fällen von drei Bäumen innerhalb eines Tages, Meilen verdienen. Mit diesen können exklusive Gegenstände oder Meilentickets erworben werden. Meilentickets können einmalig für einen Flug auf eine unentdeckte Insel genutzt werden, um dort neue Bewohnerinnen und Bewohner zu überreden auf die eigene Insel zu ziehen oder um Pflanzen zu finden, die man selbst noch nicht hat.
Gemeinsame Spaziergänge
Am Flughafen können Spielende aber auch zu den Inseln ihrer Freundinnen und Freunde reisen. Dort kann entweder jemand aus der Nintendo-Freundesliste als Ziel gewählt oder ein sogenannter Dodo-Code eingegeben werden, der zu Inseln von Fremden führt. Für die eigene Insel kann am Flughafen ein eigener Code generiert werden, der andere befähigt, die eigene Insel anzufliegen. Dieses Element ist der einzige Punkt, an dem Kontakt mit anderen aufgenommen werden kann. Auf diesen Inseln können zum Beispiel Sternis für den Bau einer Brücke gespendet werden. Zudem kann man hier Items in den Läden kaufen, die es auf der eigenen Insel möglicherweise gerade nicht gibt. Wichtig ist zudem der Rübenhandel. Jeden Sonntagvormittag verkauft ein kleines Schweinchen Rüben, die entweder im eigenen Laden oder in dem einer anderen Insel für mehr Sternis verkauft werden können. Nicht zuletzt bietet sich diese reduzierte Version des Multiplayers an, um bei digitalen Spaziergängen zu zeigen, was man alles gebaut und platziert hat. Lob und Kritik können innerhalb 24 Zeichen über eine Chatfunktion oder Gesten kommuniziert werden.
Während ein Nachbar die Blumen gießt, zeigt die Anwohnerin ihre Freude darüber mit einer Lachen-Geste.
Es gibt nicht nur zahlreiche Freizeitaktivitäten in ACNH oder die Möglichkeit das Haus und die Insel immer wieder neu zu gestalten. Durch saisonale Inhalte, wie zu Ostern oder Halloween, ist die Spieldauer theoretisch unendlich. Allein das Ausbauen der eigenen Insel kann bis zu 100 Stunden in Anspruch nehmen. Erste Individualisierungsmaßnahmen lassen sich auch schon in 30 Stunden umsetzen. In der Regel verbringen Spielende zwischen 60 und 80 Stunden mit dem Spiel.
Dieses Spiel wurde getestet von:
Christina Kutscher (M.A. British and American Cultures: Texts and Media)
Pädagogische Beurteilung:
Animal Crossing: New Horizons ist spielbar ab etwa 6 Jahren. Eltern oder Erziehungsberechtigte können mitspielen; zum Beispiel mit ihren Kindern die Insel bebauen, gemeinsam die Bäume auswählen, die gepflanzt werden sollen, angeln und die Inseln von Freundinnen und Freunden besuchen.Die Faszination des Spiels liegt neben den kreativen Möglichkeiten im Teilen von Inhalten: Wer sich die Mühe gemacht hat, mithilfe des entsprechenden Tools im Spiel eine kleine Grafik zu erstellen, kann diese mit anderen teilen. So können nicht nur T-Shirt-Designs, sondern auch besonders fantasiereiche Kopfsteinpflaster oder andere Elemente ihren Weg auf die digitalen Inseln finden. Denn die im Spiel zur Verfügung stehenden Designs von Wegen und Gebäuden sind zwar nett anzusehen und bringen ein wenig Abwechslung auf die eigene Insel, doch gerade für Inseln mit sehr speziellen Themen sind sie nicht ausreichend.
Auf dieser Insel wird wenig gebaut, aber viel geangelt.
Ist es Arbeit oder Vergnügen?
Auf den ersten Blick wirkt alles in ACNH wie eine idyllische Reise ins Paradies, geradezu utopisch. Die Welt ist bunt und gearbeitet wird nur für das Wohl der Nachbarn und zum Verschönern der Insel. Wer sich regelmäßig mit den Nachbarn unterhält, erfährt nach und nach mehr über deren Sorgen und Wünsche. Wer sie jedoch vernachlässigt, wird bald feststellen, dass sie sich nicht mehr wohl fühlen und lieber auf eine andere Insel ziehen möchten. Zudem kann unerwünschtes Verhalten bei Melinda im Gemeindezentrum denunziert werden – eine Möglichkeit, die Charaktere direkt auf vermeintliches Fehlverhalten hinzuweisen und den bilateralen Dialog zu suchen, gibt es nicht. Stattdessen verwendet der entsprechende Charakter nach dem Gespräch mit Melinda Begrüßungen oder Floskeln, die er oder sie vorher gesagt hat und die von Spielenden als störend empfunden wurden, fortan nicht mehr. Hier mangelt es an einer differenzierten Simulation einer zwischenmenschlichen Auseinandersetzung, wodurch einige Interaktionen unhöflich bis kontraproduktiv wirken.
Gerade zu Beginn des Spiels stehen die Interaktionen mit den Nachbarn nicht besonders weit oben auf der Prioritätenliste. Stattdessen geht es darum Ressourcen zu sammeln und das eigene Heim zu erweitern. Hierfür gewährt Tom Nook einen Kredit, der nach und nach abbezahlt werden muss, um weitere Erweiterungen freizuschalten. Das Herz des Spiels bleibt also, wie bereits bei seinen Vorgängern, ein kapitalistisches System im Urlaubslook. Dies kann jedoch unter pädagogischer Begleitung eingeordnet und hinterfragt werden.
Statt Urlaubslook gibt es auf dieser Insel einen Gruselwald inklusive Godzilla-Statue.
Generell vermittelt das Spiel die Grundhaltung, dass kreatives Gestalten und zwanglose Freizeitbeschäftigung im Vordergrund stehen. Die “Schönheit” der Insel liegt allerdings nicht im Auge des Betrachters, sondern wird anhand gewisser Parameter gemessen. Welche Wertung die eigene Insel hat, kann im Verlauf des Spiels im Gemeindezentrum nachgefragt werden. Kriterien sind zum Beispiel, wie viel Unkraut noch auf der Insel ist oder wie viele selbstgebaute Gegenstände vorhanden sind. Falls also ein Spieler oder eine Spielerin Unkraut dekorativ einsetzt, zählt das Spiel dies nicht als Pluspunkt. Je bebauter und modifizierter die Insel, desto besser. Auch eine große Auswahl an Blumen, Büschen und Bäumen sieht das Spiel gerne – Unkraut zählt jedoch nicht dazu. Was einerseits wie verschenkte Kreativität wirkt, kann andererseits ignoriert werden. Spielende können die Insel ohne Konsequenzen so gestalten, wie sie möchten.
Fazit:
Animal Crossing: New Horizons bedient sich eines Ferien-Feelings und erzählt eine romantisierte Geschichte von Unabhängigkeit. Es reproduziert die gesellschaftliche Realität und ist der realen Welt sehr viel näher als es der niedliche Look vermuten lässt.Dieses Spiel wurde beurteilt von:
Christina Kutscher (M.A. British and American Cultures: Texts and Media)
Siehe auch
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Bildnachweise
[1]Animal Crossing: New Horizons / Nintendo / Screenshot by spielbar.de[2]Animal Crossing: New Horizons / Nintendo / Screenshot by spielbar.de[3]Animal Crossing: New Horizons / Nintendo / Screenshot by spielbar.de[4]Animal Crossing: New Horizons / Nintendo / Screenshot by spielbar.de[5]Animal Crossing: New Horizons / Nintendo / Screenshot by spielbar.de[6]Animal Crossing: New Horizons / Nintendo / Screenshot by spielbar.de[7]Fall Guys: Ultimate Knockout / Devolver Digital / steampowered.com[8]Hay Day / Supercell / Screenshot by spielbar.de[9]Pokémon: Let's Go / The Pokémon Company & Nintendo / Screenshot by spielbar.de