Spielbeurteilung

Heroes of the Storm

21.05.2015
Wettbewerbsorientierte Online-Games wie League of Legends sind zur Zeit außerordentlich beliebt. Einsteiger finden sich dort jedoch nur schwer zurecht und werden zudem häufig von Mitspielern beschimpft. Blizzard Entertainment wagt nun den Versuch, Einsteiger und Profispieler gleichermaßen zu unterhalten.
MOBAs wie League of Legends oder Dota 2 sind seit Jahren extrem erfolgreich und stellen eine wichtige Größe im E-Sport dar. Was viele nicht wissen: das Genre hat seine Wurzeln in den Spielen der kalifornischen Spieleschmiede Blizzard Entertainment, die sich mit Hits wie World of Warcraft auch außerhalb der Fachwelt einen Namen gemacht hat. Denn dessen Verwandter Warcraft 3 war es, für den die Community im Jahr 2003 eine Spielvariante mit dem Namen DotA veröffentlicht und seitdem stetig weiterentwickelt hat. Auf einer symmetrischen Karte treten zwei Teams aus fünf Helden gegeneinander an und werden dabei von einem stetigen Strom computergesteuerter Diener unterstützt. Ziel ist es, die gegnerische Basis einzunehmen. Dieses Spielprinzip ist bis heute unverändert geblieben.

Auf den symmetrischen Karten versuchen zwei Teams, die Basis des gegnerischen Teams zu stürmen. (Grafik: Blizzard Entertainment)
Im Gegensatz zu den genannten Titeln führt Heroes of the Storm einige Vereinfachungen ein, um den Einstieg zu erleichtern. In ähnlichen Spielen ist es zum Beispiel üblich, dass die Helden während einer Partie Gold verdienen und in neue Ausrüstungsgegenstände investieren. Diese Möglichkeit fällt hier weg, was weitgehende Konsequenzen hat. Einerseits nimmt dies dem Spielprinzip einen Teil seiner strategischen Tiefe. Andererseits sinkt die Gefahr, sich mit irreversiblen Fehlentscheidungen den Sieg zu verbauen. Stattdessen muss man sich je nach Held zwischen verschiedenen Fähigkeitskombinationen entscheiden. Diese sind jedoch gut aufeinander abgestimmt, weitgehend ausgewogen und führen nie in eine Sackgasse.

Im Teamkampf kommt es auf die geschickte Kombination der Heldenfähigkeiten an. (Screenshot: Blizzard Entertainment)
Statt individueller Charakterstufen sammelt ein Team gemeinsam Erfahrung und steigt gemeinsam im Level auf. Vorteil: Niemand fällt zurück. In eine ähnliche Richtung geht die Änderung, dass es keine Rolle mehr spielt, wer bei einem besiegten Gegner den letzten Schlag getätigt hat. Diese im Genre übliche „Last-hit“-Mechanik ist andernorts ein regelmäßiger Auslöser teaminterner Streitigkeiten.

Aber Blizzard hat das Spielprinzip nicht nur auf den Kern zurechtgeschnitten, sondern auch um kartenabhängige Herausforderungen erweitert. Auf einer der aktuell sieben spielbaren Schlachtfelder bricht in regelmäßigen Abständen die Nacht herein und unheimliche Pflanzen erheben sich. Welches Team sie besiegt und genügend Samen einsammelt, kann einen seiner Helden in ein riesiges Pflanzen-Ungetüm verwandeln und mit ihm womöglich die Basis des Gegners einreißen. Auf einem anderen Schlachtfeld kämpfen die Teams um die Kontrolle der „Tempel des Himmels“, deren Statuen die Gebäude des Gegners mit Laserstrahlen einäschern. Alle diese Aufgaben werden in Tutorials vorbildlich erklärt und eingeführt.

Im „Garten der Ängste“ bekämpfen wir die „Unkrautler“, um das mächtige Gartenungeheuer zu beschwören. (Screenshot: Blizzard Entertainment)
Zur Auswahl stehen aktuell 36 Helden, die allesamt abgeleitet sind aus den bekannten Blizzard-Universen. Aus Warcraft sind dies beispielsweise Arthas, der gefallene Menschenprinz, welcher Eiszauber wirken und Untote beschwören kann, oder Muradin, ein hartnäckiger Zwerg, der Gegner mit seinem Hammer betäuben und kleinere Entfernungen mit einem beherzten Sprung überwinden kann. Aus dem Science Fiction-Universum Starcraft feiern unter anderem Jim Raynor (ein Fernkämpfer, der Verbündete stärken und Luftunterstützung anfordern kann) und Kerrigan (eine Nahkämpferin, welche Gegner heranziehen und betäuben kann) ein Wiedersehen. Aber auch ausgefallenere Charaktere wie der Starcraft-Belagerungspanzer oder die drei reizenden Wikinger aus dem uralt-Jump’n‘Run „Lost Vikings“ (1992-2003) sind mit von der Partie. Und Fans der Diablo-Serie können sich darauf freuen, den Höllenfürst höchstselbst spielen zu dürfen.

Gegen Echtgeld können neben weiteren Helden noch rein optische Gimmicks wie diese Reitwölfe freigeschaltet werden. (Screenshot: Blizzard Entertainment)

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Pädagogische Beurteilung:

Heroes of the Storm erfindet das Genre nicht neu. Jedoch ist der Einstieg in ein MOBA noch nie so leicht gefallen.

Dafür sorgen die behutsamen Vereinfachungen und die gute Einführung. Mit vielen dezenten Änderungen, zum Beispiel in der Art, wie Erfolge und Misserfolge über die jeweiligen Spielerteams verteilt und kommuniziert werden, ist es Blizzard außerdem gelungen, die im Genre leider so weit verbreiteten Konflikte innerhalb der Teams zu entschärfen und eine freundschaftlichere Kommunikationskultur zu etablieren. Das Ergebnis ist mehr Spaß am Spiel und weniger Streit mit den Mitspielern und Mitspielerinnen.

Dennoch ist das Spiel sehr herausfordernd. Wer will, kann sich weiterhin tage- und nächtelang einfuchsen in die verschiedenen Heldenkombinationen und Teamstrategien. Auch die mathematischen Grundlagen der Spielmechaniken kann man sich bei Bedarf einblenden und – sofern man will – die eigene Taktik daraufhin optimieren.

Die kartenabhängigen Herausforderungen bringen eine starke Dynamik in das Spielgeschehen. Mit ihnen kann ein bislang unterlegenes Team das Spiel noch zu seinen Gunsten wenden, weshalb sich keine Seite auf einem Vorsprung ausruhen kann. Die Spiele dauern etwa 20 bis 30 Minuten und bleiben durch diese Dynamik durchgängig offen und spannend. So gibt es auch keinen Grund, vorzeitig das Spiel zu verlassen.

Handwerklich ist Heroes of the Storm Blizzard-typisch sehr ausgefeilt. Sowohl die Schlachtfelder als auch die Helden sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Die Helden kommentieren sogar das laufende Geschehen, indem sie sich etwa für einen Heilspruch bedanken oder geläufige Textnachrichten mit einem entsprechenden Statement untermalen. Die technische Umsetzung lässt ebenfalls kaum Wünsche offen. Heroes of the Storm läuft auch auf älteren Systemen einwandfrei, die Gegnerzuweisung funktioniert sowohl alleine als auch zusammen mit Freunden tadellos und Programmfehler oder Abstürze sind beim Test keine aufgetreten.

Das Spiel kann komplett kostenlos heruntergeladen und gespielt werden. Es gibt einen Pool kostenlos spielbarer Helden, der wöchentlich wechselt. Wer bestimmte Helden dauerhaft spielen möchte, muss sie sich entweder mit Gold freischalten, welches man für absolvierte Matches erhält, oder kann sie für Echtgeld erwerben. Ansonsten können lediglich optische Spielereien (Reittiere, weitere Heldenavatar-Varianten etc.) gekauft werden, welche keinerlei spielerische Vorteile verschaffen. Das Bezahlsystem fühlt sich insgesamt sehr fair an und benachteiligt Nichtzahlende in keiner Weise.

Die grafische Darstellung ist detailreich gestaltet, aber comicähnlich überzeichnet. Durch die Vogelperspektive bleibt eine gewisse Distanz zum Spielgeschehen gewahrt. Heroes of the Storm ist damit trotz der kampfbetonten Handlung für Jugendliche ab 12 Jahren spielbar.

Fazit:

„Gelungene Neuinterpretation des MOBA-Genres, die sowohl Einsteiger als auch Profis anspricht.“
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Siehe auch

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Bildnachweise

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