Sea of Solitude
- Genre:
- Herausgeber:Electronic Arts
- Plattform:
- Erscheinungsdatum:5. Juli 2019
- USK:
- spielbar:
Das namensgebende Meer der Einsamkeit ist der Schauplatz der Handlung. In ihm sind die Häuser einer Stadt versunken, die Kay mit dem Boot, zu Fuß oder schwimmend auf dem linearen Weg durch die Spielwelt erkundet. Verschiedene Monster halten ihre Reise auf. Kay umgeht oder überlistet sie. Die Steuerung und die Spielmechanik bleiben bis zum Spielende simpel, da sich „Sea of Solitude“ vor allem auf Kays Geschichte sowie die Metaphorik hinter Monstern und Schauplätzen fokussiert. Die Texte des Spiels sind nur auf Englisch vertont. Es gibt zwar deutsche Untertitel, aber es kann schwierig sein, diesen im Spielgeschehen zu folgen.
Die Monster und ihre Bedeutung
Bei Kays Reise in ihre Vergangenheit plagen sie Selbstzweifel. Die Monster stehen für bestimmte Emotionen und Personen. Denn das Spiel erzählt nicht nur Kays Geschichte, sondern lässt die Spielenden auch Ereignisse um ihre Familie und ihren Freund miterleben. Kays Bruder litt unter Mobbing, die Eltern trennten sich und Kays erste Beziehung zerbrach an den Depressionen ihres Freundes.
Die anderen Personen nehmen zunächst die Form von Monstern an. Erst durch die Auflösung des zugehörigen Konflikts kann Kay sie wieder als Menschen sehen. Dabei wird sie in jedem der Handlungsabschnitte auch mit dem eigenen Verhalten konfrontiert.
Aufgehalten wird sie bei diesem Auseinandersetzungsprozess mit ihrer Vergangenheit immer wieder von inneren Monstern, die Kays Weg blockieren oder sie attackieren. Sie stellen keine Personen sondern Kays eigene Unsicherheit und Zweifel dar. Kay muss diesen inneren Monstern ausweichen oder sie in Lichtquellen locken, um sie zu besiegen Am Ende des Spiels findet sie schließlich einen konstruktiven Umgang mit ihnen.
Die Atmosphäre des Spiels ist häufig düster und bedrohlich. So muss Kay unter Todesdrohungen düstere Gänge durchschleichen oder bei Nacht ein Gewässer durchqueren, in dem ein Seeungeheuer lauert. Aber das Spiel hellt sich auch regelmäßig auf und wird bunter. Kay erkundet dann gefahrlos ein sonnenbeschienenes Meer oder erlebt berührende Momente wie das erste Date ihrer Eltern.
Nach etwa drei bis vier Stunden Spielzeit werden SpielerInnen mit einem hoffnungsvollen Ende belohnt. Denn Kay hat gelernt, mit der Vergangenheit und ihren Zweifeln umzugehen und führt voller Zuversicht ihr Leben weiter.
Zugängliche Spielmechaniken
Der Weg zum Ende ist unkompliziert gestaltet. Von Anfang an erhält Kay die Fähigkeit, eine Lichtkugel zu schießen, die sie zum nächsten Ziel führt. Somit ist immer deutlich, wohin sich die SpielerInnen wenden sollen. Die Steuerung ist einfach, denn viel mehr als laufen und springen muss Kay im Spielverlauf nicht. Alle weiteren Handlungen und die dafür benötigten Tasten werden eingeblendet.
Auch die Monster oder sonstigen Hindernisse sind nur kleine Herausforderungen. In den meisten Fällen muss man nur das richtige Timing finden, um den gewünschten Weg gefahrlos zurückzulegen. Wer scheitert, kann es vom letzten Rücksetzpunkt erneut versuchen. Da diese regelmäßig verteilt sind, gehen nie mehr als ein paar Minuten Spielfortschritt verloren.
Außerdem lässt sich jeder Abschnitt des Spiels aus dem Hauptmenü laden. Es ist also kein Problem, wenn das Spiel einmal unerwartet unterbrochen werden muss, oder ein bestimmter Abschnitt in der Reflektion wiederholt werden soll. Dann lässt sich dieser gezielt anwählen und es kann an der gewünschten Stelle weitergespielt werden.

Pädagogische Beurteilung:
„Sea of Solitude“ behandelt Probleme, die in der Spielelandschaft und in der gesellschaftlichen Debatte zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Doch das alleine macht es leider noch nicht zu einem empfehlenswerten Spiel. Man merkt, dass es sich um ein sehr persönliches Projekt handelt, das versucht, mit schweren Themen angemessen umzugehen. Auf bildlicher Ebene gelingt das, da gerade die Monster eingängige Metaphern für die jeweiligen Probleme darstellen. Gleichzeitig scheitert es aber auf sprachlicher Ebene. In den Texten benennen die Personen häufig unvermittelt ihre Gefühle, oder sprechen ihren Appell gegenüber der Spielfigur wörtlich aus. Anstatt die Aussagen in der gelungenen Bildmetaphorik zu verpacken, werden sie durch hölzerne Dialoge vermittelt und somit entwertet.Eine Verschränkung von Spielmechanik und Erzählung findet kaum statt. Statt Kays Gefühlswelt auf spielmechanischer Ebene erlebbar zu machen, beschränkt sich diese auf das Abwarten des richtigen Zeitpunkts und simple Jump 'n' Run Abschnitte. So beobachtet man Kay nur, statt mit ihr mitzufühlen. Als Appell für den zwischenmenschlichen Umgang miteinander, lassen sich die Aussagen des Spiels simpel zusammenfassen: Es fordert, sich gegenseitig zuzuhören, Freiräume zu lassen und den Mut zum Selbstbewusstsein. Diese Aussagen sind als Annäherung an das Thema zwar richtig, wirken jedoch in Hinsicht auf die drei- bis vierstündige Spieldauer mager.
Altersempfehlung
Durch die reduzierte Grafik verpuffen die besiegten Schatten harmlos. Die gewaltvollste Szene zeigt, wie Kay von einem Seeungeheuer gefressen wird. Die düstere Gestaltung des Monsters mit großen Fangzähnen ist zwar schockierend, aber das Geschehen wird nicht übertrieben brutal dargestellt.
„Sea of Solitude“ ist von der USK ab zwölf Jahren freigegeben. Die Spielmechanik ist simpel genug, um auch von jüngeren Kindern beherrscht zu werden. Die Gestaltung der Monster verbildlicht die Emotionen und Personen verständlich und Fragen, die das Spiel verhandelt, werden deutlich kommuniziert. Auch bieten sich mit Problemen wie Mobbing und Familienstreitigkeiten Anknüpfungspunkte an die Erfahrungswelt von Jugendlichen. Es sind jedoch gute Englischkenntnisse nötig, um der Handlung in vollem Maß zu folgen. Als alleiniger medialer Beitrag zur Aufklärung in Sachen Einsamkeit und Depression ist es wegen der Simplifizierung nicht zu empfehlen. Das Spiel eignet sich eher als Grundlage für eine weitergehende Diskussion.
Aufgrund der behandelten Themen und der düsteren Atmosphäre ist das Spiel für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet. Auch in diesem Alter sollten die Inhalte des Spiels jedoch nachbesprochen werden. Falls das Spiel nicht vollständig durchgespielt wird, ist dies besonders relevant. Im ersten Spieldrittel werden SpielerInnen mit vielen düsteren Abschnitten konfrontiert. Die Auflösung findet erst im späteren Spielverlauf statt. Erst dann schöpft Kay Zuversicht. Brechen SpielerInnen das Spiel früher ab, überwiegt die hoffnungslose Negativität.
Fazit:
„Sea of Solitude“ traut sich, mentale und zwischenmenschliche Probleme zu thematisieren; die Umsetzung ist spielerisch wie sprachlich sehr einfach geraten. Für Jugendliche mit guten Englischkenntnissen könnte es als Ausgangspunkt für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Themen wie Einsamkeit, Depression und Selbstzweifel genutzt werden.
Siehe auch
Bound
Beinahe schwerelos tanzt die Protagonistin in Bound durch eine fantastische Spielwelt. Im 3D-Plattformer werden Sprünge, Rollen und alle weiteren Bewegungen zu einem zusammenhängenden Tanz vereint. Zusammen mit der abstrakten, von geometrischen Formen geprägten Welt bietet das Spiel ein einmaliges Erlebnis.
Life is Strange 2
„Life is Strange 2“ entführt in eine ruhige, nachdenkliche Welt, zuweilen düster und traurig. Der zweite Teil ist politischer als sein Vorgänger und findet eine gute Balance zwischen gesellschaftlichen Themen und der Coming-of-Age-Story.
ICEY
Was passiert, wenn man den Willen eines Erzählers ignoriert? Um diese Frage dreht sich das Indie Game ICEY. Muss man auf dem ersten Blick vor allem Gegner möglichst schnell aus dem Weg räumen, zeigt sich das Spiel bei näherem Hinsehen als ein Experiment, das die Rolle des Erzählers auf den Kopf stellt.