Jugendmedienschutz-Staatsvertrag

Neue „Sendezeiten“ und „freiwillige“ Alterskennzeichnung im Internet

11.05.2010
Im März haben die Ministerpräsidenten der Länder den neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrages verabschiedet. Vorgesehen sind unter anderem Alterskennzeichen für Onlinespiele. Die Regelungen könnten aber auch Blogger und Web-2.0-Auftritte treffen. 2011 soll der Vertrag in Kraft treten.


Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) ist maßgebliches Regelwerk im gesetzlichen Jugendschutz für Rundfunk und Telemedien, sprich Medien, die nicht auf einem Trägermedium veröffentlicht werden. Der im März von den Ministerpräsidenten verabschiedete Entwurf versucht die seit 2003 für den Rundfunk geltenden Regelungen zum Jugendschutz nun für das Internet zu adaptieren.

Der Entwurf spricht unter anderem von einer generellen „Sendezeitbegrenzungen“ für Inhalte im Internet, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen können. Eine Internetseite mit entsprechendem Inhalt dürfte demnach zum Beispiel tagsüber zwischen 6 und 22 Uhr nicht erreichbar sein. Ebenfalls Teil der geplanten Neuregelung ist die Einführung von Alterskennzeichnungen ähnlich den geltenden USK-Kennzeichen auf freiwilliger Basis. Diese sollen Jugendschutzprogrammen als Filterkriterium dienen. Eltern können solche Programme auf den Computern ihrer Kinder installieren und ihnen so den Zugriff auf jugendgefährdende Inhalte verwehren.

Die Kontrolle der Alterskennzeichen für Internetinhalte, also auch Onlinespiele, die nicht auf einem Trägermedium veröffentlich werden, soll zukünftig die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) übernehmen. Ihre Aufgabe wird es sein, alle Prüfergebnisse zu bestätigen. Die Prüfung selbst erfolgt durch den Internetanbieter selbst oder eine anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle. Spiele auf Trägermedien prüft wie gehabt die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK).

Die geplanten Änderungen lösten bisher ein geteiltes Echo aus. Begrüßt wurde der Entwurf etwa vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Vor allem jüngere Internetuser müssen nach Ansicht des VZBV vor nicht altersgerechten Angeboten geschützt werden. Vertreter der Online-Presse und andere Anbieter von Informationen im Netz äußerten sich dagegen kritisch. Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur) macht in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages deutlich, dass das weltweite, rund um die Uhr zugängliche Internet nicht mit dem Rundfunk gleichzusetzen sei. Die Einführung einer Sendezeitbegrenzung zum Beispiel führe im schlimmsten Fall dazu, dass Inhalte verstärkt ins Ausland verlagert würden.

Vor allem die beabsichtigte Alterskennzeichnung ist Diskussionsthema: Hier greife das Whitelist-Prinzip, nach dem jeder bedenklich ist, der sich nicht selbst als unbedenklich einstuft. Das heißt selbst harmlose Webseiten, die nicht mit einer Alterskennzeichnung versehen werden, könnten möglicherweise durch die Filterprogramme geblockt werden, so der AK Zensur weiter. Grundsätzliche Zustimmung erhält die Alterskennzeichnung dagegen in Stellungnahmen der USK und der Freiwilligen Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter (FSM). Eine Übertragung des bewährten Systems auf den Online-Bereich könne den Jugendmedienschutz maßgeblich verbessern. Der VZBV verweist darüber hinaus darauf, dass weder Kinder und Jugendliche, noch deren Eltern in der Lage seien, beim Aufruf eines Internetangebotes zu erkennen, ob es sich um entwicklungsbeeinträchtigendes Angebot im Sinne des Jugendschutzes handle.

Ebenso für Gesprächsstoff sorgen mögliche Auswirkungen für Blogger oder Anbieter von interaktiven Web-2.0-Angeboten wie Wikipedia. Alvar Freude vom AK Zensur sieht als Alternative zu einer einzelnen Klassifizierung aller Online-Einträge nur die Kennzeichnung des gesamten Webauftritts als „über 18“. Die KJM entgegnet dem in einer Pressemitteilung, dass Alterskennzeichnungen und der Einsatz eines Jugendschutzprogramms keineswegs obligatorisch seien. „Es sind vielmehr Kann-Bestimmungen, also Optionen für die Anbieter auf freiwilliger Basis“, so die KJM.

Der von den Ministerpräsidenten gebilligte Entwurf soll in diesen Wochen durch die Länderparlamente abgesegnet und schließlich im Juni unterzeichnet werden. In Kraft treten wird die Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages aber voraussichtlich erst im Januar 2011. Es bleibt also noch viel Zeit für Diskussionen. Es bleibt aber auch Zeit, für die Vorgaben praktikable Lösungen zu finden, die sowohl dem Jugendschutz als auch der Meinungs- und Informationsfreiheit Rechnung tragen.

Weblinks

Arbeitsentwurf zur Änderung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (Stand: 3 Mai 2010)

Weitere Stellungnahmen zur zum Arbeitsentwurf zur Änderung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages

Häufige Fragen zum JMStV

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