Spielbeurteilung

Utopolis

27.05.2015
Das Serious Game Utopolis soll das demokratische Verständnis fördern. Dafür begeben sich bis zu 25 Spielende als Waldtiere auf eine Reise, auf der sie nur als Gemeinschaft bestehen können. Um am Ende erfolgreich zu sein, muss diese aber zunächst durch Gesetze organisiert werden.

Ein mysteriöses rotes Leuchten bedroht die Tiere des Waldes. Doch die weise Eule Arnim weiß Rat: Das Leuchten begann in ihrer Heimat Utopolis – und kann nur dort vernichtet werden. Gemeinsam machen sich die Waldbewohner auf den beschwerlichen Weg. Nur wenn sie zusammenarbeiten und durch Gesetze ihre Gemeinschaft formen, können sie die Hindernisse auf ihrer Reise überwinden und ihr Ziel erreichen.

Im Hauptbildschirm von Utopolis findet man am unteren Bildschirmrand alle Aktionsmöglichkeiten. Status und Inventar der eigenen Figur wird links daneben dargestellt.
In Utopolis schlüpfen bis zu 25 Spielende in die Rollen fünf zur Auswahl stehender Waldtiere. Ihre Aufgabe ist es, die Gruppe zu organisieren, ihr Vorgehen gemeinsam zu planen und so die Missionsziele der Level zu erreichen. Diese reichen von dem Bau eines Planwagens bis zur Nahrungsbeschaffung für den anstrengenden Weg über den Gletscher. Die Planung der Aufgaben übernehmen die Spielenden gemeinschaftlich per Chatfunktion. Wer ist beispielsweise fürs Sammeln der Nahrung zuständig, wer stellt Werkzeuge her?

In jedem Level gibt es ein Ziel, das erreicht werden muss. Hier müssen die Spielenden Aktionspunkte spenden, um den Planwagen zu reparieren. Dabei dürfen sie aber nicht die Nahrungsversorgung außer Acht lassen.
Pro Missionsziel stehen allen Spielenden fünf Spielrunden zur Verfügung. In jeder Runde besitzt man 30 Aktionspunkte, die man auf unterschiedliche Tätigkeiten verteilen kann. Wie viele Punkte für eine Aktion gebraucht werden, hängt dabei vom jeweiligen Tier und seine Fähigkeiten ab. Die Eichhörnchen sind sehr gute Sammler, die Hirschkäfer verstehen sich auf die Handwerkskunst und die Wölfe erkunden dank ihrer Körperkraft die Umgebung im Handumdrehen.

Außerdem müssen die Spielenden jede Runde ihr Überleben sichern. Alle Tiere benötigen Nahrung, die sie entweder selbst einsammeln oder aus einem gemeinschaftlichen Lager entnehmen können. Hat eine Spielfigur in zwei aufeinanderfolgenden Runden nicht genügend Nahrung zu sich genommen, verhungert sie und scheidet aus dem Spiel aus.

Die Spielenden können eigene Gesetze aufstellen. Verstößt man gegen ein Gesetz, kann man aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden.


Im Chat können sich die Spielenden absprechen und ihr Vorgehen planen. Oftmals zeigt sich hier, wer bereits Erfahrungen mit Utopolis hat – und die Führung der Gruppe übernimmt.
Utopolis kann man nur online und mit mindestens 15 anderen Spielenden spielen. Dafür muss eine Person zunächst ein Spiel eröffnen und die Rahmenbedingungen festlegen. Man kann dabei über die Rundendauer, die Anzahl der Mitspielenden und die Anzahl der Züge pro Tag entscheiden. Weitere Spielmodi oder einen verstellbaren Schwierigkeitsgrad gibt es in Utopolis nicht.

Pädagogische Beurteilung:

Der Einstieg in das Spiel gestaltet sich als Neuling mühsam. Den Spielenden wird kein anschauliches Tutorial zur Seite gestellt, stattdessen führen Erklärungstexte in das Spielprinzip ein. Wer zu Beginn noch Fragen hat, kann sich über die Chatfunktion an die anderen Spielenden wenden. Schnell wird jedoch klar: Viele der erfahreneren Spielenden geben nicht nur Tipps, sondern ganze Handlungsanweisungen, wie Utopolis zu spielen sei.

Utopolis ist ein Serious Game, das spielerisch das Verständnis von Demokratie fördern soll. Daher ist der soziale Aspekt im Spiel besonders betont. Um ein Levelziel zu erreichen, sind Absprachen und Planung notwendig. Das Miteinander unter den Spielenden wird maßgeblich durch die verabschiedeten Gesetze bestimmt, die das Kernelement von Utopolis darstellen. Diese reichen von einem Verbot, andere Waldtiere zu töten, bis zur Freilegung aller Aktionen und Inventare der Spielfiguren. Das Spiel gibt in der Regel mehrere Gesetzesentwürfe als Möglichkeiten vor, aus denen die Spielenden auswählen können. In der darauffolgenden Runde wird über die vorgeschlagenen Gesetze abgestimmt. Hier geht die Analogie zur Demokratie auf: Beteiligt sich die Mehrheit nicht, werden in Utopolis auch extreme Gesetze verabschiedet, die Züge eines Überwachungsstaats annehmen können. Auch andere demokratische Werte, wie beispielsweise die Gleichberechtigung aller Stimmen, können schnell durch die jeweiligen Gesetze ausgehebelt werden. Das Serious Game zeigt ohne erhobenen Zeigefinger, wie wichtig Wahlbeteiligung für eine funktionierende Demokratie ist.

Utopolis bietet genügend Freiraum, um verschiedene Modelle, wie man sich als Gruppe organisiert, auszuprobieren. Diese können je nach Gesetzeslage auch Züge des Kommunismus oder einer Diktatur annehmen. In diesem Sinne ist die App ein interessantes soziales Experiment. Betrachtet man Utopolis als Spiel, fehlt es aber an Handlungsmöglichkeiten, die die Spielenden dauerhaft motivieren. Das Gameplay beschränkt sich neben den Absprachen in der Gruppe auf die Verwaltung des eigenen Inventars: Wie investiere ich meine 30 Aktionspunkte? Auch die „Abenteuer“ bringen keine Abwechslung ins Spiel. Hier erfährt man zwar in Form eines Textes mehr über die Welt von Utopolis, kann aber mit dieser nicht interagieren. Hat man meist innerhalb weniger Minuten alle Aktionspunkte aufgebraucht, heißt es bis zur nächsten Runde warten. Die Länge einer Runde wird vor Spielbeginn festgelegt – und reicht dabei von einer Stunde bis zu 8 Stunden oder mehr. Längere Zeit am Stück spielen ist mit Utopolis nicht möglich.

Die Motivation wird ebenfalls gedämpft, wenn nicht alle von Beginn an mitspielen. Oftmals scheidet spätestens nach der zweiten Runde die Hälfte der Spielenden aus. Die Spielziele sind so beinahe unerreichbar, da man als Gruppe eine gewisse Menge an Gegenständen oder Aktionspunkten sammeln muss. Wünschenswert wäre es, wenn sich die Ziele dynamisch zu der Anzahl der Spielenden verhalten. Sind zum Beispiel weniger Waldtiere dabei, müssten so auch weniger Ressourcen gesammelt werden.

Die Inszenierung von Utopolis richtet sich eher an jugendliche Spielende. Die Geschichte wird nicht mit Bildern, sondern nur durch Text erzählt, der nicht vertont wurde. Die Animationen beschränken sich auf ein Minimum. Zudem ermöglicht die Chatfunktion auch private Konversationen unter den Spielenden, die für Beleidigungen, Drohungen oder Ähnliches genutzt werden können. Utopolis ist damit erst für Jugendliche ab 12 Jahren geeignet.

Fazit:

Utopolis ist ein interessantes soziales Experiment, das den Spielenden eine Reihe an Möglichkeiten gibt, sich selbst in einer Gruppe zu organisieren. Die Erlebnisse im Spiel regen zur Diskussion und zum Nachdenken an. In der spielerischen Umsetzung fehlt es allerdings an Handlungsmöglichkeiten, um langfristig zu motivieren.
Sarah Pützer
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