Spielbeurteilung

Evil Democracy 1932

17.02.2021
  • Genre:
  • Herausgeber:
    Hamsters Gaming
  • Plattform:
  • Erscheinungsdatum:
    Oktober 2020
  • USK:
    nicht geprüft
  • spielbar:
Wir spielen die Phase der 1930er Jahre im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs nach. Wir können uns zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien als Schauplatz entscheiden. In den drei Ländern stehen die zeitgenössischen Parteien zur Auswahl. Die NSDAP ist nicht spielbar.

Zur Auswahl stehen drei Szenarien. In den Beschreibungstexten findet eine rudimentäre historisch-politische Einordnung statt.

Spielmechanik

Typisch für Simulationsspiele ist die Spielmechanik komplex. Das Tutorial erklärt uns nicht alle Funktionen. Wir müssen sie uns im Laufe der Zeit erschließen. Der Ablauf ist rundenbasiert. Unsere Aktionen wie das Drucken von Zeitungen, das Führen von Debatten oder Proteste haben eine Abklingzeit von einigen Runden. Für Aktionen müssen wir genug Geld zur Verfügung haben, manche Spielzüge erfordern auch Autoritäts- oder Vertrauenspunkte. Alle diese Werte stehen in einem komplexen Verhältnis zueinander, für das man mit der Zeit ein Gefühl entwickeln muss.

Links unter unserem Partei-Symbol sehen wir einige Schlüsselwerte sowie die Veränderung in der aktuellen Runde. Unten links sehen wir die aktuellen Umfragewerte der Parteien.

Einfluss auf unseren Erfolg als Partei hat das Einsetzen von Parteiführern, die mit verschiedenen Fähigkeiten ausgestattet sind. Unsere Parteizeitung und die Produktion von Flugblättern müssen wir ebenfalls verwalten. Wir stellen Journalisten ein und geben ihnen Aufgaben. Das Mikromanagement ist hier sehr differenziert. Die Journalisten haben verschiedene Fähigkeiten und können verschiedene Textsorten produzieren. Für die Verteilung unserer Flugblätter müssen wir sogenannte Promoter einstellen. Sie und auch unsere anderen Mitarbeiter stellen wir zu hunderten und tausenden per Schieberegler ein. Agitatoren und Aktivisten verteilen wir über eine Landkarte in die verschiedenen Wahlbezirke, damit sie Unterstützer:innen gewinnen. Denn wir befinden uns ständig im Wahlkampf.

Im Laufe des Spiels stellen wir tausende Agitatoren und Aktivisten ein.

Über die Landkarte bietet sich uns auch die Möglichkeit, Streiks und Proteste zu organisieren. Dafür müssen wir einiges an Geld in die Hand nehmen. Hier sehen wir auch Statistiken über Wähler:innen. In den verschiedenen Regionen können wir auch an Debatten mit den konkurrierenden Parteien teilnehmen. Dadurch gewinnen wir Boni wie zusätzliche Finanzen, Unterstützer:innen oder Wähler:innen.

Wir schicken Agitatoren in die Regionen, in denen wir am wenigsten Wähler:innen haben.

Die politischen Inhalte werden bei Evil Democracy 1932 über die sogenannten Dogmen abgebildet. Je nach der groben politischen Ausrichtung unserer Partei gibt es passende und weniger passende ideologische Elemente, die wir erforschen und uns zu eigen machen können.

Wir haben hier am Spielbeginn die SPD mit der Ausrichtung Mitte-Rechts kombiniert. Das Dogma „Freiheit des Privateigentums“ können wir relativ günstig erforschen.

Ziel des Spiels

Über einige hundert Spielrunden versuchen wir, unsere Umfragewerte zu steigern Ziel ist es, die Wahl zu gewinnen, Koalitionen zu schmieden und schließlich den Beginn des Zweiten Weltkriegs zu verhindern, egal ob aus Deutschland, England oder Frankreich heraus.
Matthias Engel
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Pädagogische Beurteilung:


Spielspaß und Schwierigkeit

Evil Democracy 1932 macht vermutlich vor allem denjenigen Spaß, die gerne Simulationen spielen. Die zahlreichen Übersetzungsfehler in der deutschsprachigen Version und die schwer zu durchschauenden Mechaniken trüben den Spielspaß jedoch erheblich.

Die Schwierigkeit lässt sich im Spiel differenziert festlegen. Die Parteien haben jeweils unterschiedliche Chancen, eine Mehrheit zu bekommen. Zusätzlich lässt sich das Startbudget einstellen, um so die Herausforderung zu verändern. Das Tutorial ist leider unvollständig, sodass man sich vieles selbst erschließen muss.


Historisch und politisch enttäuschend

Die Phase der 1930er Jahre ist ein spannendes Setting für eine Politiksimulation. Leider ist die historisch-politische Einordnung in diesem Spiel sehr dürftig. Die tatsächlichen Wahlergebnisse werden zu Beginn in der Szenario-Beschreibung zwar kurz erwähnt und am Ende findet eine kleine Einordnung statt – aber das war dann eigentlich auch alles.

Obwohl als Spielziel relativ klar die Abwendung der NS-Herrschaft formuliert ist, ist keine Rede von den zahlreichen Kriegstoten und insbesondere der Shoah. Zwar kann man im Szenario Deutschland nicht die NSDAP spielen, aber rechtskonservative Parteien wie die DNVP und den Stahlhelm. Dann ist auch eine Koalition mit der NSDAP möglich. So ist Evil Democracy 1932 durchaus gefährdet, als rechtes Propagandaspiel wider Willen benutzt zu werden.

Die im Titel „Evil Democracy“ suggerierte Demokratiefeindlichkeit wird im Spiel nicht direkt aufgegriffen. So richtig durchdacht ist der Name offenbar nicht. Womöglich soll der Titel nur an das Spiel „Evil Bank Manager“ desselben Studios anknüpfen.

Fazit:

Das Spiel ist inhaltlich stark verkürzend und kann falsch verstanden werden. Wenn man es spielen will, dann wohl erst ab 16 Jahren. Für pädagogische Zwecke liefert das Spiel leider zu wenig historische Informationen. Insbesondere der ideologische Inhalt der politischen Parteien bleibt zu sehr im Hintergrund.
Matthias Engel
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Siehe auch

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Bildnachweise

[1]Evil Democracy 1932 / Hamsters Gaming / Screenshot by spielbar.de[2]Evil Democracy 1932 / Hamsters Gaming / Screenshot by spielbar.de[3]Evil Democracy 1932 / Hamsters Gaming / Screenshot by spielbar.de[4]Evil Democracy 1932 / Hamsters Gaming / Screenshot by spielbar.de[5]Evil Democracy 1932 / Hamsters Gaming / Screenshot by spielbar.de[6]Evil Democracy 1932 / Hamsters Gaming / Screenshot by spielbar.de[7]Democracy 3 / Positech Games / Screenshot by spielbar.de[8]Factorio / Wube Software / Pressematerial[9]We. The Revolution / Klabater / Screenshot by spielbar.de