Spielbeurteilung

We. The Revolution

08.07.2020
In „We. The Revolution“ spielt man den Richter Alexis Fidèle zur Zeit der Französischen Revolution. Die Geschichte ist in Tage und Kapitel gegliedert. Jeder Tag beginnt mit einer Verhandlung im Gerichtssaal. Danach folgen Szenen im eigenen Haus, in der Stadt oder auf dem Schafott. Im späteren Spielverlauf plant man täglich auch den Einsatz von Spionen auf dem Stadtplan von Paris.

Im Gerichtssaal


Als Richter bekommen wir einige Dokumente vorgelegt, die uns durch die Verhandlung leiten sollen. Die Informationen aus den Berichten müssen wir mit bestimmten Gesichtspunkten des Falles kombinieren, um Fragen an Angeklagte und Zeugen freizuspielen.

Die Akten zum Fall sind sehr ausführlich und können auch falsche Fährten enthalten.

Das Spiel beinhaltet zahlreiche historisch plausible Fälle, die teils sehr bedrückende Schicksale widerspiegeln. Wir sind auch für die Verurteilung des Königs und der Königin, Marie-Antoinette, zuständig. Schnell verliert man das eigene Gerechtigkeitsempfinden aus den Augen und kümmert sich nur noch darum, welche Entscheidung taktisch klug für die eigene Karriere sein könnte.

Wir können Hinweise aus den Untersuchungen kombinieren und so neue Fragen freischalten.

Der Verlauf der Verhandlung bestimmt die Stimmung der Jury und des Publikums. Wir müssen stets darauf achten, uns nicht allzu unbeliebt bei einer dieser Gruppen zu machen. Zudem gibt es mehrere Fraktionen: Revolutionäre, Monarchisten, das einfach Volk und die eigene Familie. Diese Gruppen haben zu den meisten Fällen ebenfalls eine Meinung. Je nachdem, wie wir uns entscheiden, verändert sich die Beziehung zu den einzelnen Gruppen.

Die Interessenlage ist kompliziert, wie an der Leiste oben erkennbar ist. Die Jury (links) ist für die Todesstrafe, die Revolutionäre für Gefängnis (Mitte) und das einfache Volk ist für Freispruch (rechts).


Auf dem Schafott


Haben wir ein Todesurteil ausgesprochen, spielt die nächste Szene auf dem Schafott. Wir stehen auf der Bühne neben der Guillotine und können uns entscheiden, ob wir einige Worte an das versammelte Publikum richten. Anschließend müssen wir durch einen Mausklick das Fallbeil Guillotine in Bewegung setzen.

In unserer Ansprache an das Publikum können wir versuchen, uns bei der Bevölkerung beliebt zu machen.

Vor Reden und Überzeugungsversuchen können wir unsere Strategie planen. Hier geht es um die Todesstrafe für den ehemaligen König, der von den Revolutionären mit seinem bürgerlichen Namen Louis Capet angesprochen wurde.

Spielmechanisch funktionieren Reden und Überzeugungsversuche gegenüber einzelnen Figuren gleich. Zu Aspekten des Themas lassen sich Ansätze wie Gleichgültigkeit, Bescheidenheit oder Manipulation wählen.

Bei der Familie


Die Familie des Richters spielt eine entscheidende Rolle. Anfangs besteht sie aus seiner Frau, seinen beiden Söhnen und seinem Vater. Im Laufe des Spiels wird der Sohn ermordet. Die Beziehung zu den Familienmitgliedern wirkt sich jeweils auf die Beliebtheit bei den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen aus . Am Ende jedes Tages entscheidet man, wie man den Abend verbringen will und kann so die Beziehung zu den Familienmitgliedern beeinflussen.

Das Verhältnis zum Großvater (links) ist schlecht. Dadurch ist auch die Beziehung zum einfachen Volk belastet. Ein Abendspaziergang mit der restlichen Familie wird den Großvater noch mehr verärgern.

Häufig finden abends auch Gespräche mit wichtigen Mitgliedern der Pariser Gesellschaft statt. Meist ist die Aufgabe dabei, Gesprächspartnerinnen und –partner auf die eigene Seite zu ziehen. Dazu müssen sie mit einer guten Gesprächstaktik überzeugt werden

Paris als Spielfeld


Im Laufe des Spiels schaltet sich ein weiterer Schauplatz frei. Dieser spielt sich wie ein rundenbasiertes Strategiespiel. Als Akteur innerhalb der herrschenden Revolutionäre ist das Ziel, sich an die Spitze zu stellen und letztlich den Anführer Robespierre zu stürzen. Dazu werden Spione, Schläger und andere Figuren in die verschiedenen Stadtteile entsandt, um den Einfluss zu vergrößern oder andere Figuren zu bekämpfen.

Die Stadtteile südlich der Seine haben wir noch nicht ausgekundschaftet. Im Nordwesten drohen Aufstände.

Matthias Engel
Dieses Spiel wurde getestet von:

Pädagogische Beurteilung:

Schwierigkeitsgrad und Spielzeit


Zu Beginn lässt sich zwischen zwei Schwierigkeitsgraden wählen: Survival und Fiction. Doch auch der einfachere Fiction-Modus ist schon eine Herausforderung. Der Schwierigkeitsgrad steigert sich zusätzlich auch im Laufe des Spiels. Tutorials führen jeweils neue Funktionen ein.

„We. The Revolution“ ist ein Spiel für Menschen, die sich gerne abends in aller Ruhe mehrere Stunden mit einem historischen Thema auseinandersetzen. Durch die langen Texte und die dramatischen Zwischensequenzen dürfte die Spielzeit mehrere Dutzend Stunden betragen.

Geschichtsbild


Die Rolle des Richters ergibt eine originelle und erkenntnisreiche Perspektive auf die Französische Revolution. Zeitlich fokussiert das Spiel auf die zweite Phase der Revolution in den Jahren 1792-1794. Die Revolution wurde von außen und innen bedroht. Die Revolutionsregierung reagierte mit Terror und Todesurteilen. In „We. The Revolution“ übernehmen wir die Rolle eines Entscheiders in dieser Zeit. Das Spiel verdeutlicht, dass der Kampf um die bürgerliche Demokratie sehr gewaltvoll geführt wurde.

Pädagogischer Einsatz


„We. The Revolution“ ist durch seine Grafik, seine Musik und die Texte sehr stimmungsvoll. Die Komplexität der historischen Situation ist in das Spiel eingeflossen. So zeigt das Spiel die Vorzüge von Gewaltenteilung am Negativbeispiel. Die Liebe zum Detail der Entwicklerinnen und Entwickler ist spürbar. Dadurch ist das Spiel für einen Einsatz im Unterricht jedoch viel zu umfangreich geworden. Als Anschauungsmaterial eignen sich Filme besser als „We. The Revolution“, da sie in knapper Zeit zielgerichteter Inhalte vermitteln können.

Die Spielmechanik ist zwar durchdacht und macht Spaß, lässt Spielende jedoch zu häufig mit einem Gefühl der Beliebigkeit zurück. Warum ein bestimmtes Argument gut ist oder nicht, wird oft nicht deutlich; als eigenständiges Lernmedium eignet sich das Spiel daher kaum.

Altersempfehlung


Das Spiel ist nur etwas für echte Liebhaberinnen und Liebhaber, die auch lange Texte durchlesen. Es ist etwas für Fans von historischen Romanen und Kostümfilmen. Dabei spielt das Alter thematisch zunächst weniger eine Rolle. Dennoch sollte das Spiel unter zwölf Jahren nicht gespielt werden, weil viele Szenen belastend sein können.

Fazit:

Der Kampf um die bürgerliche Demokratie wurde mit Gewalt geführt. „We. The Revolution“ lässt uns die spannende Position eines Richters in der Französischen Revolution einnehmen. In der Gestaltung steckt viel Liebe zum Teil. Durch seinen großen Umfang, vor allem was die Texte betrifft, ist das Spiel jedoch nur etwas für Liebhaberinnen und Liebhaber. Deshalb ist der pädagogische Einsatz schwer vorstellbar. Leider muss man sagen, dass sich das Thema in den meisten Fällen wohl besser über Filmdokumentationen oder Bücher vermitteln lässt.
Matthias Engel
Dieses Spiel wurde beurteilt von:

Siehe auch

Spielbeurteilung

Not For Broadcast

Im Regieraum müssen wir auf Vieles gleichzeitig achten. Da gerät die politische Entwicklung in den Hintergrund. In diesem britischen Simulationsspiel geht es satirisch um die Macht der Medien.

Spielbeurteilung

Through the Darkest of Times

Dieses ausgezeichnete Strategiespiel macht den Widerstand gegen den Nationalsozialismus spielerisch erlebbar. Mit dem passenden Konzept ist sogar ein Einsatz im Schulunterricht möglich.

Spielbeurteilung

Attentat 1942

Prag 1942. Hitlers Statthalter wird von Untergrundkämpfern der tschechischen Exilregierung getötet. Wir sind dem persönlichem Schicksal der Menschen, die zur Strafe von der Gestapo deportiert wurden, auf der Spur.

Spielbeurteilung

Assassin‘s Creed Origins

Assassin‘s Creed Origins ist der neuste Teil der Spielreihe und führt in das Alte Ägypten zur Zeit von Kleopatra und Cäsar. Dort wartet ein spannendes und emotional aufwühlendes Abenteuer, jedoch gibt es auch etwas über das Leben in der Antike zu lernen.

Spielbeurteilung

The Curious Expedition

Unerforschte Völker, versteckte Heiligtümer und raue Natur – in The Curious Expedition reisen die Spielenden zurück ins 19. Jahrhundert und übernehmen die Leitung einer Forschungsexpedition. Dabei sind vor allem logisches Denken, Geduld und der Wille, sich in das komplexe Spiel einzuarbeiten, gefragt.

Bildnachweise

[1]We. The Revolution / Klabater / Screenshot by spielbar.de[2]We. The Revolution / Klabater / Screenshot by spielbar.de[3]We. The Revolution / Klabater / Screenshot by spielbar.de[4]We. The Revolution / Klabater / Screenshot by spielbar.de[5]We. The Revolution / Klabater / Screenshot by spielbar.de[6]We. The Revolution / Klabater / Screenshot by spielbar.de[7]We. The Revolution / Klabater / Screenshot by spielbar.de[8]We. The Revolution / Klabater / Screenshot by spielbar.de[9]Not For Broadcast / tinyBuild / Screenshot by spielbar.de[10]Through the Darkest of Times / HandyGames / Screenshot by spielbar.de[11]Attentat 1942 / Karls-Universität Prag, Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik / Screenshot by spielbar.de[12]Assassin's Creed Origins / Ubisoft / ubisoft.com