Spielbeurteilung

ICEY

23.01.2017
Was passiert, wenn man den Willen eines Erzählers ignoriert? Um diese Frage dreht sich das Indie Game ICEY. Muss man auf dem ersten Blick vor allem Gegner möglichst schnell aus dem Weg räumen, zeigt sich das Spiel bei näherem Hinsehen als ein Experiment, das die Rolle des Erzählers auf den Kopf stellt.
Das Robotermädchen ICEY erwacht aus einem langen Schlaf, um nur eine Aufgabe zu erfüllen: Einen Bösewicht namens Judas auszuschalten. Mehr ist über die Handlung in dem Action-Rollenspiel zunächst nicht bekannt. Die Spielenden erforschen nach und nach die 2D-Welt von ICEY, bekämpfen roboterartige Gegner und werden dabei stets von einer Erzählerstimme begleitet.

Die Kämpfe in ICEY sind in erster Linie eins: schnell. Dabei gilt: Je länger die Angriffsketten sind, desto mehr Geld erhält man am Ende eines Kampfes.
Mit jedem besiegten Gegner erhält man nicht nur einen Teil seiner Lebensenergie zurück, sondern auch Geld, mit dem man wiederum neue Attacken, Kombinationsmöglichkeiten und Statusverbesserungen kaufen kann. So lässt sich Protagonistin ICEY nach und nach aufleveln. Die Kämpfe folgen dabei meist dem Schema, dass erst alle gegnerischen Roboter in einem Gebiet besiegt werden müssen, bevor man das nächste betreten kann.

Steuert man ICEY in eine andere Richtung als vom Erzähler vorgesehen, reagiert dieser schnell ungehalten.
Das Besondere an ICEY stellt die Erzählebene dar. Im Verlauf des Spiels treffen die Spielenden immer wieder auf Pfeile, die nach den Angaben des Erzählers die Richtung des Spiels vorgeben. Es steht dabei aber jedem frei, auch einen anderen Weg einzuschlagen – und so entgegen der Anweisungen zu handeln.

Die Entdeckungen, die man in ICEY macht, sind stets voller Charme und Humor. Hier finden sich die Spielenden in einem Gebiet wieder, das angeblich noch nicht fertig programmiert wurde.
Weitere Spielmodi gibt es in ICEY nicht. Das Spiel ist momentan nur auf Chinesisch/Englisch verfügbar, die chinesischen Sprechertexte sind mit englischen Untertiteln versehen. Eine Vertonung auf Englisch wurde bereits angekündigt.
Sarah Pützer
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Pädagogische Beurteilung:

Wirkt ICEY auf den ersten Blick wie ein 2D-Action-Rollenspiel, das einer einfachen Geschichte folgt, wird man spätestens bei der ersten Abzweigung eines Besseren belehrt. Nimmt die Erzählstimme vorweg, dass sich ICEY für den linken Weg entscheidet, können die Spielenden einfach den rechten nehmen – und verändern so den Ablauf der Story.

Auch der Erzähler reagiert dementsprechend: Er beschwert sich über ICEYs Starrsinnigkeit, manipuliert das Setting oder unterbricht das Spiel, um es an einer anderen Stelle fortzuführen. So lassen sich in dem Spiel zahlreiche versteckte Geheimnisse oder verborgene Enden entdecken, die schließlich nach und nach das wahre Geschehen hinter dem Spiel aufschlüsseln. Mit diesem Prinzip erinnert ICEY stark an das Indie Game The Stanley Parable (2013), das auf ähnliche Weise mit Erzählstrukturen spielt und den Spielenden stets bewusst macht, dass sie sich in einem Computerspiel befinden.

Statt allerdings nur auf die Erforschung der Spielwelt zu setzen, basiert ICEY auf dem Gameplay sogenannter Hack-and-Slay-Spiele, bei denen es vornehmlich darum geht, eine Vielzahl an Gegnern auf einmal zu besiegen. Die schnellen Kämpfe sorgen dabei für zusätzlichen Spielspaß und fordern neben Geschick auch ein taktisches Vorgehen, denn insbesondere die größeren Gegner strafen ein blindes Draufhauen schnell ab. Bei den gegnerischen Wesen handelt es sich um Roboter, menschliche Gegner treten nicht auf. Das Kampfgeschehen bleibt zudem stets abstrakt, Blut ist an keiner Stelle zu sehen.

Fazit:

ICEY ist kein simples 2D-Action-Rollenspiel. Es ist ein Experiment, das die Grenzen von Computerspielen neu auslotet. Daher erfordert es Spielende, die sich an diesem gerne beteiligen möchten. Aufgrund des Anspruchs und der Kampfhandlungen eignet sich ICEY ab einem Alter von 14 Jahren.
Sarah Pützer
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Siehe auch

Indie Games experimentieren mit neuen Erzählstrukturen

Computerspiele erzählen Geschichten, in denen die Spielenden selbst zu Protagonisten werden. Gerade kleinere Indie-Titel demonstrieren derzeit, wie Spiele sich von konventionellen Erzählmethoden loslösen können und Storytelling auf ein ganz neues Level treiben.

Spielbeurteilung

Transistor

Das Action-Rollenspiel Transistor weiß seine Spielenden zu beeindrucken – und zu verwirren. Das Zukunftsszenario überzeugt mit einem guten Kampfsystem und atemberaubenden Artworks. Die Geschichte hinter dem Spiel dagegen wirft mehr Fragen auf, als sie letztendlich beantwortet.

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Portal 2

Willkommen im Aperture Science Testcenter. Hier schlüpfen die Spielenden in die Rolle von Chell, die aus der labyrinthartigen Anlage entkommen möchte. Bei kniffligen physikalischen Rätseln müssen sie buchstäblich um die Ecke denken. Denkspiel und Unterhaltung in einem.

Bildnachweise

[1]Pressematerial, X. D. Network[2]Screenshot aus ICEY, X.D. Network[3]Screenshot aus ICEY, X.D. Network[4]Screenshot aus ICEY, X.D. Network[5]Supergiant Games

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