Thomas Böhm (Hrsg.)

New Level: Computerspiele und Literatur

28.10.2014
Der Sammelband New Level: Computerspiele und Literatur vereint Kurzgeschichten, Spielkonzepte, Essays und Interviews verschiedener Autoren, Wissenschaftler und Fachleute, die sich alle mit dem Thema Computerspiele beschäftigen. Die Sammlung überzeugt vor allem durch ihre Vielfältigkeit.

Auf der einen Seite Computerspiele, auf der anderen Literatur. Zwei Begriffe für verschiedene Kulturformen, die viele Gemeinsamkeiten haben, aber auch viel unterscheidet. In welcher Beziehung stehen beide zueinander? Und wie kann man sich Computerspiele literarisch annähern? Diesen Fragen geht der im Metrolit-Verlag erschienene Sammelband New Level: Computerspiele und Literatur auf den Grund, herausgegeben von Thomas Böhm, Programmleiter des Internationalen Literaturfestivals Berlin.
„Am Umgang mit Charakteren zeigt sich, dass Computerspiele anderen Gesetzmäßigkeiten folgen als Bücher oder Filme. Das muss erst einmal experimentiert werden, da müssen Fehler gemacht und Sackgassen ausgelotet werden.“
(Christian Schiffer, S. 74)

Das Projekt lud bekannte Autoren, unter anderem Wladimir Kaminer, Saša Stanišić und Ann Cotten, zu einem Gedankenspiel ein: „Entwerfen Sie – ohne Rücksicht auf die technische Realisierbarkeit – ein Computerspiel“. Das Ergebnis sind literarische Texte, die virtuellen Ideen auf Papier festhalten. Die Bandbreite der gesammelten Werke ist dabei enorm. Von kurzen, konzeptartigen Spielbeschreibungen bis zu ausführlichen Fließtexten und sogar minimalistischen Experimenten ist alles vertreten. Auch wenn sich einige der Konzeptideen ähneln, sorgen die verschiedenen Ansätze für Abwechslung.
„Was mit einer Hauptfigur nach GAME OVER geschieht bekommen wir ja sonst nicht zu sehen, dies wird höchstens ‚nacherzählt‘, nicht gespielt. […] The Return wird vom Finale her gespielt, wobei der Spieler mit den Folgen (s)eines Handelns konfrontiert wird, das zu dem Finale geführt hat.“
(Saša Stanišić, S. 64)

Dazwischen reihen sich verschiedene Essays von renommierten Kultur- und Medienwissenschaftlern ein, die sich mit Computerspielen auseinandersetzen, sie von der Literatur abgrenzen und zukünftige Perspektiven für die neue Kulturform eröffnen. Das Ganze wird durch Interviews mit Fachleuten der Spielebranche abgerundet, die beispielsweise von den Entstehungsprozessen hinter einem Spiel, zukunftsweisenden Technologien und Gamification reden.

Auch das Layout des Sammelbands unterstreicht den experimentellen Charakter des Projekts. Auf den ersten Seiten findet man weder Vorwort noch Inhaltsverzeichnis, sondern steigt direkt unvermittelt mit einer Kurzgeschichte ein. Das Inhaltsverzeichnis befindet sich erst auf Seite 24, das Vorwort auf dem Buchrücken. Genauso wird man auch aus dem Sammelband wieder hinausgeführt. Obwohl eine kurze Übersicht der Autoren-Biographien und Hinweise auf weiterführende Literatur den Schluss ankündigt, folgt darauf eine weitere Kurzgeschichte.

New Level: Computerspiele und Literatur setzt sich auf eine unkonventionelle, erfrischende Art mit der Beziehung zwischen Computerspielen und Literatur auseinander und grenzt sich somit von der bereits erschienenen Forschungsliteratur zu dem Thema ab. Der Sammelband macht deutlich, welches Potenzial in der vergleichsweise jungen Kulturform steckt, regt zum Nachdenken an und macht neugierig auf eine vielversprechende Zukunft.
„[Der nächste ästhetische Sprung] wird erreicht sein, wenn Spiele ausreichend intelligent geworden sind, sodass wir […] mit der virtuellen Welt und ihren Personen kommunizieren, durch Sprache, aber auch durch Gestik und Mimik.“
(Gundofl S. Freyermuth, S. 118)

Der Sammelband richtet sich nicht nur an ein Fachpublikum. Die literarischen Experimente sowie die aufschlussreichen Interviews und Essays bieten einerseits medienpädagogischen Fachkräften und Fans eine neue Perspektive auf Computerspiele, anderseits richtet sich New Level: Computerspiele und Literatur auch an ein Publikum, das bisher mit dem Medium kaum in Berührung gekommen ist. Die Interviews führen gut an die Thematik heran, während zum Verständnis der weiteren Texte kein Fachvokabular benötigt wird.

New Level: Computerspiele und Literatur - Cover
Thomas Böhm [Hrsg.]: New Level: Computerspiele und Literatur.
Gebunden: 222 Seiten
Verlag: Metrolit, September 2014
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-8493-0360-0

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Sarah Pützer
Dieser Artikel wurde verfasst von:

Bildnachweise

[1]Metrolit Verlag

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