Medienkonvergenz

Computerspiele als Brettspiele

02.04.2013
Ob Warcraft, Tomb Raider oder Doom – immer mehr Spieletitel haben ein analoges Gegenstück. Mit Karten, Würfeln oder Figuren am Wohnzimmertisch spielt es sich ebenso gut wie mit Maus oder Gamepad. Auch für Pädagogen lässt sich die Faszinationskraft analoger und digitaler Spiele nutzen.

Deutschland ist berühmt und bekannt für seine Brettspielkultur. Zahlreiche erfolgreiche Titel wie Die Siedler von Cathan (1995), Carcassonne (2000) oder Alhambra (2003) haben auch nach Jahren einen Platz in heimischen Wohnzimmern. Neben diesen klassischen „german-style board games“ erscheinen, vor allem im letzten Jahrzehnt, immer mehr Brettspiele, die ihren Ursprung in Computerspielen haben.

Die Art der Umsetzungen ist dabei sehr unterschiedlich. Komplexe, neuartige Spielentwicklungen versuchen, das Spielgefühl möglichst authentisch einzufangen. Typische Namen und Ortsbezeichnungen sind für den Wiedererkennungswert ebenso wichtig, wie die richtige Gestaltung des Spielfeldes und der Figuren. Ähnlich wie bei Film-Spiel-Umsetzungen treten Spielende als bekannte Helden oder verfeindete Fraktionen gegeneinander an oder versuchen gemeinschaftlich die Spielaufgaben zu lösen oder sich gegen den oder die (oder den) Anderen durchzusetzen. Hier einige Beispiele:









Bild: Warcraft (Brettspiel)

Im Brettspiel zum Strategieklassiker Warcraft III übernimmt man die Kommandantenrolle von Menschen, Orks, Elfen oder Untoten. Es gilt Ressourcen vom Spielfeld ab- und die eigene Stadt aufzubauen, um mehr Gebäude, Arbeiter und Kämpfer für die eigene Sache zu erschaffen. Mit Handkarten kann man zusätzlich über Zauber ins laufende Spiel eingreifen. Noch komplexer ist die Umsetzung von StarCraft mit fast 200 Spielfiguren, die auf einem zufällig zusammengesetzten Feld um die Vorherrschaft ringen.









Bild: Doom (Brettspiel)

Aber nicht nur Strategiespiele können als Brettspiel neu aufgelegt werden: Auch Ego-Shooter, wie das viel diskutierte Doom,wurden bereits erfolgreich adaptiert. Hier übernimmt ein Gamer die Rolle der außerirdischen Eindringlinge und kann über den Aufbau des Spielfeldes (eine Weltraumstation) bestimmen. Die Anderen schlüpfen in die Rolle von schwer bewaffneten Marines. Taktisches Vorgehen aber auch Würfelglück entscheiden über den Szenario-Sieg.









Bild: Tomb Raider
The Angel of Darkness

Auch Lara Croft ist mit Tomb Raider: Angel of Darkness in einem Brettspielableger vertreten. Gemeinsam mit einem Freund muss sie, wie auch im Spiel, Beweise für ihre Unschuld finden. Die Gegenseite muss, ebenfalls parallel zum Spiel, fünf obskure Gemälde beschaffen. Auf dem Spielfeld, einem Museum, kommt es beim Aufeinandertreffen zum Schusswechsel – der Verlierer muss von vorn starten. Hier endet die Nähe zum Spiel allerdings auch schon.

Computerspiele unterscheiden sich in vielen Belangen von ihren analogen Geschwistern. Während bei Computerspielen oft schnelle Reaktionen und Erfahrung im Umgang mit den Eingabegeräten über Sieg und Niederlage entscheiden, kommt es bei Brettspielen auf andere Faktoren an. Hier spielen eine gute Übersicht, strategisches Vorgehen und oftmals auch Glück eine größere Rolle. Brettspiele fordern die eigene Fantasie und verlangen ein Verständnis für die teils sehr komplexen Regeln – und wenn das Ganze dann auch noch im Gewand des eigenen Lieblingsspiels daher kommt, steigt der Spielspaß.









Bild: Brettspiele kreativ – dieses Fallout-Monopoly ist ein selbst entworfenes und gebasteltes Geburtstagsgeschenk an einen begeisterten Gamer von seiner Freundin. ( © deviantart.com / ~PinkAxolotl)

 

Tipps & Tricks für die pädagogsiche Praxis

Computerspiele können, wie auch beim Cosplay, eine solide Grundlage für den eigenen Schaffensdrang sein. Bei der Umsetzung eines Computerspiels als Brettspiel muss man tief hinter die Regel- und Wirkmechanismen blicken. Zusätzlich müssen Spielpläne und –figuren entworfen und vor allem ein Regelwerk aufgestellt werden. Für pädagogisch Tätige ergeben sich aus dem Trend zur Übertragung erfolgreicher Computerspiele auf analoge Brettspiele ganz neue Möglichkeiten. Das Institut Spielraum der Fachhochschule Köln hat eine Projektskizze für ein solches Projekt veröffentlicht, von der man sich weitere Anregungen holen kann. In einem Workshop mit 14 Kindern zwischen sieben und 13 Jahren wurde das Prinzip am Konsolenspiel Harvest Moon erprobt und dokumentiert.

Weiterführender Link

Medienkonvergenz: Das Spiel zum Film – Der Film zum Spiel

Weblinks

Institut Spielraum (FH Köln): Umsetzung eines Computer- oder Videospiels als Brettspiel

Galerie von PinkAxolotl auf deviantart.de
Christian Knop
Dieser Artikel wurde verfasst von:

Bildnachweise

1 Kommentar

Bernhard schreibt:

Während in den letzten Jahren der Trend eher zur Digitalisierung bekannter Spiele zeigte, was meist mit der Abbildung des Spielbrettes auf einem Tablet anfing und bis zur Umsetzung von interaktiven Figuren reichte, scheint es jetzt auch mal andersherum Erfolg zu haben. Viele Spielideen sind genial und im Zusammenspiel beim gemeinschaftlichen Spieleabend noch reizvoller als allein vor dem Computer.

04.04.2013 um 13:48