Stupides Klicken in zeitlichen Intervallen

17.11.2011
Die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Doch kaum einer, der sich in sozialen Netzwerken bewegt, kommt mehr an ihnen vorbei: Social Games. Die Anzahl der unterschiedlichen Spieletitel ist kaum zu überblicken. Im Kern haben sie jedoch vieles gemeinsam.

Einloggen, Kuh klicken, sechs Stunden warten, erneut Kuh klicken! Das ist gewissermaßen das Spielprinzip von Cow Clicker. Dahinter verbirgt sich ein Social Game, also ein Spiel, das innerhalb eines Sozialen Netzwerkes gespielt wird. Entwickelt wurde es von dem Medienwissenschaftler Ian Bogost. Er selbst ist Social Games gegenüber kritisch eingestellt. Statt aber nur über diese Spiele zu sprechen, hat er eines entwickelt – Cow Clicker. Es ist, wie er selbst sagt, eine Art Satire, ein Facebook-Spiel über Facebook-Spiele. Als solches ahmt es Social Games wie Farmville & Co nach, reduziert sie jedoch auf ihre elementaren Strukturen und Abläufe.

Cow Clicker nimmt die Mechaniken von Social Games auf's Korn.


Von Ausbeutung und verschwendeter Zeit


Bogost kritisiert zum einen die Ausbeutung von Spielenden innerhalb von Social Games. Freunde werden als Ressource missbraucht. Man benötigt sie, um im Spiel weiterzukommen, und übt deswegen stetig Druck auf sie aus. Gleichzeitig ist die Nichtteilnahme für einen selbst mit Verlust verbunden. Ernten die Spielenden beispielsweise in Farmville nicht rechtzeitig ihr Gemüse, dann verdorrt es und ist verloren. Wer nicht spielt, verliert den Anschluss und lässt seine Spiel-Freunde gewissermaßen im Stich. Um das zu vermeiden, geben die Spielenden dem Druck nach und lassen sich dazu hinreißen, regelmäßig ins Spiel zu schauen.
Weiterhin bemängelt Bogost die fehlenden Herausforderungen. Social Games, so Bogost, sind Spiele, die man nicht spielen muss. Das Gameplay ist bestimmt von Routinen, die sich meist auf das Ausführen diverser Klicks in bestimmten Intervallen beschränken.

Wer nicht warten will, muss bezahlen.

Auch wenn Wartezeiten durch den Einsatz von Geld überbrückt werden können, ist der Zeitaspekt bei Social Games laut Bogost ebenfalls nicht zu unterschätzen. Selbst wenn die Spielenden gerade nicht aktiv im Spiel sind, verspüren sie den Drang zurückzugehen. Regelmäßig werden dem Spiel neue Objekte als Spielanreize hinzugefügt.

Social Geldesel


Cow Clicker besitzt die von Bogost kritisierten Merkmale von Social Games, wenn auch in stark vereinfachter Form. Im Zentrum steht der routinemäßige Klick. Jeder einzelne Klick bringt Punkte. Diese dienen dem direkten Vergleich mit Freunden. Mithilfe der virtuellen Währung „Mooney“ lassen sich lästige Wartezeiten auch einfach überspringen. Außerdem kann man damit diverse Kuh-Typen erwerben. Freunde können sich gegenseitig Kühe schenken, um so ihre Kuh-Sammlung zu vervollständigen, und so weiter und so fort.

Mit der Zeit kann man seine Kuh immer weiter "aufwerten".

Zehntausende Spielende haben Cow Clicker gespielt. Ob Ihnen jedoch die satirische Intention dahinter bewusst geworden ist, sei dahingestellt. Im Spiel selbst läuft gerade ein Countdown zur „Cowpocalypse“ ab. In ein paar Tagen könnte dem nach Schluss sein mit „Kühe klicken“.

Für Social Games allgemein scheint das Ende noch nicht näher zu rücken. Zumindest wenn man die Marktzahlen des Bundesverbandes für interakive Unterhaltungssoftware (BIU) anschaut. Interessant sind hier vor allem die Daten zum Vertrieb virtueller Zusatzinhalte. 2010 sind die Umsätze mit virtuellen Gütern im Vergleich zum Vorjahr um ganze 38 % gestiegen. Die durchschnittlichen Ausgaben für virtuelle zusatzinhalte pro Nutzer sanken dagegen stark. Eine Erklärung dafür ist Micropayment, das in nahezu allen Social Games zum Einsatz kommt.

Weblink
Blog von Ian Bogost
Anne Sauer
Dieser Artikel wurde verfasst von:

Siehe auch

Social Games - Die Community als Spieleplattform

Auf Plattformen sozialer Netzwerke kann man innerhalb der Community Freundschaften pflegen, Nachrichten verschicken und neuerdings auch Saat säen, Kühe melken, Haustiere ankleiden oder zum Mafiaboss aufsteigen. Social Games sind ein Trend mit Vor- und Nachteilen.

BIU: Free2Play-Modell setzt sich durch

Jedes Jahr veröffentlicht der BIU die neusten Zahlen zum Umsatz mit Spiele-Apps in Deutschland. Dabei wird wieder aufs Neue deutlich: Der Markt boomt, Spiele-Apps sind so beliebt wie nie zuvor. Die Zahlen zeigen aber auch, dass sich vor allem das Free2Play-Modell durchsetzt.

Bildnachweise

[1]Spielbar.de[2]Cow Clicker / Ian Bogost / http://bogost.com[3]Cow Clicker / Ian Bogost / http://bogost.com[4]Cow Clicker / Ian Bogost / http://bogost.com[5]Games bei Facebook / Screenshot by spielbar.de (18.05.2018)

3 Kommentare

Stephan Schölzel, Infoc@fé Neu-Isenburg schreibt:

Ähnliches Konzept, als Zynga Parodie; www.progresswars.com

Wobei CowClicker durch die mooney Komponente einen Tick cooler ist.

14.07.2011 um 14:02
0213 /// »I’m clicking a cow!« – Die Parodie d schreibt:

[...] Mit freundlicher Genehmigung erscheint der Artikel auch im Next Level Blog. Das Original gibt es hier. [...]

14.07.2011 um 17:03
Jens Wiemken schreibt:

Eine spannende Frage ist die vom Programmierer von "Braid" (Quelle: http://www.gamona.de/games/facebook,social-games-sind-das-boese:news,1897482.html): Sind Social Games überhaupt sozial? Denn eigentlich, so seine Argumentation, nutze ich ja meine Freunde aus. Von daher sind solche Spiele eher böse. Klar kann man hier auch von Neid sprechen, aber vielleicht doch mal über die Unsocial Games nachdenken ;)

29.12.2011 um 21:59


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