Lootboxen: An der Grenze zum Glücksspiel

13.03.2019
Für viele Spiele werden Zusatzinhalte in Überraschungspaketen („Lootboxen“) angeboten. Eine aktuelle Studie der DAK sieht einen Zusammenhang zwischen solchen Glücksspielelementen und Suchtentwicklung.

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, ob und wie wir für Games bezahlen. Auf dem Game-Markt dominieren drei Bezahlmodelle:

  • Kaufpreis: Spiele sind nach dem Kauf unbegrenzt nutzbar. Häufig können zusätzliche Inhalte zum Basisspiel erworben werden. Diese „DLCs“ erweitern das Hauptspiel, welches jedoch auch ohne diese spielbar ist.

  • Free-to-Play: Spiele sind zunächst kostenlos spielbar, es werden jedoch Zusatzinhalte angeboten. Letztere dienen entweder nur der äußerlichen Verschönerung des Spielerlebnisses oder beeinflussen den Spielfortschritt („Pay-to-Win“). Beispiele sind Fortnite: Battle Royale und League of Legends.

  • Abo-Modelle: Spieler bezahlen monatlich, um die Spiele online mitspielen zu können. Das Prinzip wurde insbesondere bei World of Warcraft erfolgreich eingesetzt.


Die Tänze beim Erfolgsspiel Fortnite: Battle Royale erfreuen sich großer Beliebtheit. Sie sind umgerechnet ab zwei Euro zu haben.

Lootboxen


Ein häufiges Angebot vor allem in den Shops von Free-to-play-Spielen sind Lootboxen, übersetzt „Beutekisten“. Die Kisten enthalten eine zufällige Sammlung bestimmter Items, Skins, Fähigkeiten oder Spielfiguren. Weil dabei der Zufall entscheidet, was sich in der Truhe befindet, sehen viele Kritiker Loot-Boxen als Glücksspiel an. Das gleiche gilt auch für Glücksräder, wie es sie häufig in Casual Games wie „Candy Crush Saga“ gibt, oder andere Zufalls-Mechanismen, die für Geld zu haben sind. Die Inhalte der Truhen können zudem häufig wieder verkauft werden. So werden bestimmte Skins beim Online-Shooter „Counter Strike: Global Offense“ (CS:GO) online durchaus für zwei- und dreistellige Dollarbeträge gehandelt.
Der Handel mit Skins für „CS:GO“ findet auf Online-Börsen statt. Es werden teils hohe Summen für virtuelle Inhalte bezahlt.

Glücksspiel


Eine aktuelle Studie der Krankenkasse DAK über Computerspiele, Sucht und Kosten stellt einen Zusammenhang zwischen Lootboxen und Suchtgefahr her. Lootboxen seien Glücksspiel-Elemente, heißt es in der Studie. In einigen Ländern wurden Lootboxen bereits reguliert. Die belgische Glücksspielkommission hat die Lootboxen in FIFA 18, Overwatch und CS:GO im vergangenen Jahr als Glücksspiel eingestuft. Auch in den Niederlanden hat die Spieleaufsicht einige Games abgemahnt – die Spielehersteller mussten sie überarbeiten. In China ist bereits seit 2017 ein Gesetz in Kraft, das Publisher dazu verpflichtet, Details über den Inhalt von Lootboxen bereitzustellen: den Namen, die Beschaffenheit, den Inhalt, die Menge und die Wahrscheinlichkeit für den Erhalt virtueller Gegenstände und Dienste. 16 Behörden aus verschiedenen Ländern haben im September 2018 erklärt, dass sie Lootboxen auf ihren Charakter als Glücksspiel hin untersuchen wollen. Daran hat sich keine deutsche Behörde beteiligt.

Aktuell prüft die Bundesregierung ein Verbot von „FIFA Points“, mit denen sich Spieler der Fußball-Simulation Lootboxen kaufen, die zufällig virtuelle Fußballstars enthalten. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kündigte ein neues Jugendmedienschutzgesetz an. FIFA-Points funktionieren nach dem Pay-to-Win-Prinzip. Deshalb führen Verbote in einzelnen Ländern international zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung. Profi-FIFA-Spieler fordern deshalb eine weltweit einheitliche Regelung. Der Youtuber Cihan Yasarlar, der zur E-Sport-Weltspitze in FIFA gehört, erwägt sogar, nach England auszuwandern.
Überraschungspakete gibt es offline schon seit der Wundertüte aus dem Tante-Emma-Laden. Auch der Erfolg von Karten-Sammel-Spiele wie „Magic“ oder „Pokémon“ beruht auf dem Prinzip der Überraschung.

Was den Jugendschutz betrifft, konzentriert sich die deutsche Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) auf den Gesichtspunkt der unzulässigen Werbung: „Sofern sich Anbieter mit Werbung direkt an Minderjährige richten, muss die Werbung dabei jugendschutzrechtlichen Vorgaben (…) entsprechen“, heißt es in einer Erklärung. Die Frage, ob es sich bei Lootboxen um Glücksspiel handelt, bleibt in Deutschland umstritten. Auch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis.

Letztlich ist es ein Zusammenspiel vieler Faktoren, das dazu führt, dass wir viel Geld für Spiele ausgeben. Dazu zählen natürlich nicht nur solche Modelle wie „Pay-to-win“ oder „Lootboxen“, sondern auch schlicht Qualitätsmerkmale der Spiele wie die Möglichkeit der Personalisierung. Geben wir sehr viel Geld für Games aus oder verbringen wir sehr viel Zeit mit dem Spielen, kann dies ein Hinweis auf eine Sucht sein. Damit wir nicht zu viel Geld ausgeben, ist es sinnvoll, uns eine Grenze zu setzen, sodass wir nicht mehr als einen bestimmten Betrag pro Monat ausgeben. In unserem Ratgeber empfehlen wir eine ähnliche Regulierung auch für die Spieldauer. Dort haben wir auch Kriterien aufgezählt, an denen Eltern ein suchtähnliches Verhalten ihrer Kinder erkennen können.
Matthias Engel
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Spieldauer

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Bildnachweise

[1]Bildnachweis: League of Legends / Riot Games / Pressematerial[2]Bildnachweis: Fortnite: Battle Royale / Epic Games / Cinema Of Gaming [https://youtu.be/r2XSUCicIYM][3]Bildnachweis: Counter-Strike: Global Offense / Valve / Bitskins.com[4]Bildnachweis: Magic – The Gathering / Wizards of the Coast / Cardport.de[5]Annie Spratt / https://images.unsplash.com/photo-1497169132349-e201761db064?ixlib=rb-1.2.1&ixid=eyJhcHBfaWQiOjEyMDd9&auto=format&fit=crop&w=1040&q=80[6]Ludovic Toinel / https://images.unsplash.com/photo-1503444200347-fa86187a2797?ixlib=rb-1.2.1&ixid=eyJhcHBfaWQiOjEyMDd9&auto=format&fit=crop&w=1950&q=80[7]Supercell Oy (Screenshot der Verbraucherzentrale NRW vom 26.01.2017 aus dem Spiel „Hay Day“)[8]Counter-Strike: Global Offensive / Valve[9]Fortnite: Battle Royale / Epic Games